Die 4 Prinzipien von »Work-Life-Balance«

Die tägliche Arbeitsbelastung scheint immer mehr zuzunehmen, die Flut von Informationen immer schwerer zu bewältigen. Trotz allem Bewusstsein der berühmten »Work-Life-Balance« sind Depressionen und psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch. Zeit, mal wieder genau hin zu sehen.

*** Blog von Claudia Hesse, speicherguide.de ***

Bild: Adobe StockBild: Adobe Stock»Wie geht’s dir?«. Die übliche Frage, wenn wir Kollegen oder Freunde treffen, sei es am Telefon (ehmm, sorry, per WhatsApp oder FB) oder persönlich. Die Antwort, die ich seit Jahren höre und zugegebenermassen auch oft selber gebe: »Gut, halt viel zu tun – die Zeit rennt.«

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Laut diversen Statistiken hat unser Arbeitsvolumen – in Sachen Zeit – nicht wirklich zugenommen. Und laut den letzten OECD-Studien verbringen wir Deutsche rund 15.6 Stunden pro Tag mit unseren Grundbedürfnissen (essen, schlafen, ich schätze mal Sex ) und Freizeitbeschäftigungen. Mehr als der weltweite Durchschnitt, der knapp unter den 15 Stunden liegt.

Die Krux an der Sache: Zahlen sind für jeden einzelnen irrelevant. Ausserdem hat sich unser Leben so beschleunigt und wir haben einen solchen Überschuss an Informationen auf täglicher Basis, dass die meisten von uns permanent überlastet sind und die Stapel (oder Listen) an to-dos trotz aller digitalen Hilfsmittel immer grösser statt kleiner werden.

Geht es Dir auch so?

Mit der Folge, dass viele Menschen über zu viel Arbeit und zu wenig Work-Life-Balance klagen.

Immer mehr psychische Erkrankungen

Claudia HesseClaudia Hesse Fakt ist laut DAK, dass die Krankheitstage wegen Burnout seit 2011 drastisch abgenommen haben (Rückgang von fast 50%). Alarmierend ist allerdings, dass die wegen anderer psychischen Erkrankungen – allen voran Depression – um mehr als 40 Prozent gestiegen ist. Im gleichen Zeitraum. Und die absoluten Zahlen (gemessen in Fehltagen) sind noch drastischer. Und das trotz Bewusstsein in Sachen Balance!

Wer meine Artikel verfolgt, weiss, dass ich kein Freund von dem Begriff Work-Life-Balance bin. Weil es für mich ein schiefes Bild vermittelt und uns noch mehr unter Druck setzt – strikte Trennung von Arbeit und dem Rest des Lebens.

»Wie – du beantwortest am Abend noch E-Mails? Das ist Familienzeit!«

Nicht immer realistisch, speziell in den Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung, in denen wir mittlerweile einfach immer und überall erreichbar sind.

Wenn wir allerdings dem »alten Ideal« hinterher hecheln, schafft diese neue Welt Spannungsfelder. Permanent jonglieren ist wahnsinnig anstrengend und stresst. Und wenn wir dabei niemandem gerecht werden (inklusive uns selber) kommt noch das Schuldgefühl oben drauf.

Also braucht es neue Lösungen. Und neue Denkansätze.

4 Prinzipien von Work-Life-Balance

Ich habe eine Reihe von Prinzipien entdeckt, die dabei helfen – hier sind vier davon.

1. Work-Life Balance existiert nicht

Es ist – speziell in der heutigen Zeit – vollkommen unrealistisch, eine harte Linie zwischen »Work« und »Life« zu ziehen. Außerdem haben wir nur ein Leben – jedenfalls soweit mir bekannt (lass mich unbedingt wissen, falls du dazu andere Erkenntnisse hast ). Und in diesem Leben findet (hoffentlich) all das Platz, was wir für wichtig halten – und einer der Bereiche ist Arbeit.

Wir mögen verschiedene Seiten von uns in verschiedenem Kontext zeigen – final sind wir trotzdem immer noch die gleiche Person. Und kannst du deine Gedanken am Arbeitsplatz abschalten, wenn sie mit einem kranken Kind beschäftigt sind oder zuhause, wenn der mögliche Wegfall eines wichtigen Kunden droht?

Ich kann’s nicht. Und wenn wir ehrlich zu uns selber sind, kann es keiner. Weil wir einfach diese eine Person sind, die sich mit allen Lebensbereichen auseinandersetzt und unsere Gedanken nehmen blöderweise keine Rücksicht darauf, wo wir gerade sind.

Was existiert, ist Balance im Leben – und was das im Einzelfall heißt, muss jeder für sich selber definieren – dafür gibt es keine festen Regeln.

2. Die Balance ist keine Frage der Zeit

Ich höre quasi die Aufschreie des ein oder anderen Lesers: »Ich habe so viel zu tun, dass ich einfach keine Zeit für andere Sachen habe!«

Also ich habe 24 Stunden am Tag. Ich nehme mal an Du auch.

Und die kann ich so gestalten wie ich es für richtig halte. Nein, ich lebe nicht im Fantasieland. Ich habe über 15 Jahre meine Kinder alleine betreut und dabei den Familienunterhalt verdient – ich wage mal zu sagen, dass qualifiziert mich dafür, hier eine Meinung zu haben.

Zugebenermaßen muss ich nicht an irgendeinen Arbeitsplatz fahren und ich habe auch keinen 40-Stunden Vertrag mit irgendeinem Unternehmen, sondern leite mein eigenes Unternehmen.

Ich entscheide mich trotzdem an den meisten Tagen, morgens zu büro-üblichen Zeiten mit meiner Arbeit anzufangen, weil es einfach Sinn für das macht, was ich tue. Jetzt ist es 10:00 Uhr morgens und ich schreibe.

Ich schätze, den Job, den Du gerade machst, hast Du Dir selber ausgesucht? Richtig? Passt er für Dich oder eher nicht? Wenn es letzteres ist, kannst du es ändern. Und ja – ich bin mir sehr darüber im Klaren, dass es sich viel leichter anhört als es ist.

Fakt ist allerdings, dass wir durchaus Kontrolle darüber haben, wie wir unsere Tage verbringen wollen. Wir müssen nicht jedes Meeting akzeptieren, wenn wir glauben es ist Zeitverschwendung.

Wir müssen auch nicht alles klaglos erledigen, was uns irgend jemand auf den Tisch schmeißt. Fakt ist, dass Unternehmen immer versuchen werden, das Meiste aus uns heraus zu quetschen. Das heißt nicht, dass wir dem immer nachgeben müssen, speziell, wenn es sonst mittel- oder langfristig unserem Wohlbefinden an den Kragen geht.

Das Problem fängt genau da an, wenn wir das Gefühl haben, KEINE Kontrolle über unsere Tage – oder noch schlimmer – unser Leben zu haben. Wenn wir quasi nur noch mechanisch reagieren, statt zu agieren, kann genau das zu hochgradiger Demotivation und im schlimmsten Fall zur Depression führen.

Fazit ist, dass wir immer die Wahl haben, unsere Zeit so zu planen und einzusetzen, wie es für uns passt, immer vorausgesetzt, wir akzeptieren die jeweiligen Konsequenzen unserer Wahl.

Und wenn wir schon über Zeit reden: das klappt nicht jeden Tag. Manchmal wird ein Bereich in den Hintergrund treten, wenn dieses Projekt einfach über die Ziellinie gebracht werden muss oder anders herum, wenn es einen wichtigen Familientermin gibt.

Warum nicht den Zeitraum erweitern, in dem wir den Erfolg von unserer Balance messen? Nicht jeden Tag, aber auch nicht erst, wenn wir in Rente gehen. Die Wahrheit liegt – wie meistens – irgendwo dazwischen.

3. Ohne klare Vorstellungen (Vision) keine Balance

Die meisten von uns planen im Business, richtig? Im Privatleben beschränken sich die Pläne meist auf möglichen Hausbau, den Urlaub und gegebenenfalls wie viele Kinder wir möchten.

Wann hast du dich das letzte Mal hingesetzt und hast Dir genau überlegt, was Dir im Leben überhaupt wichtig ist? Spontan antworten die meisten Menschen auf die Frage, was ihnen wichtig ist mit »Natürlich Familie«. Spannenderweise hört es da auch oft auf…

Wenn wir keine Ahnung haben, WIE wir unser Leben tatsächlich leben wollen – wie können wir dann eine Balance schaffen?

Ging mir auch viele Jahre so!

Versteh mich nicht falsch: Ich plädiere hier nicht dafür, das ganze Leben bis zur Rente zu planen, sondern sich Zeit dafür zu nehmen, was uns wirklich wichtig ist. Wenn wir das tun, kommen manchmal sehr interessante Dinge auf und wir landen eher bei unseren Werten als bei Dingen.

»Es ist mir wichtig, einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.«

»Ich möchte gerne ein Vorbild für meine Kinder sein.«

»Meine Gesundheit ist mir wichtig – ich möchte so lange wie möglich ein guter Partner und Vater/Mutter sein.«

Der meistgenannte Satz, wenn ich meine Klienten frage, was sie denn eigentlich vom Leben wollen ist »Ich möchte einfach glücklich sein«.

Wenn wir Klarheit darüber schaffen, was wirklich wichtig für uns ist und uns immer wieder daran erinnern, erhöhen sich die Chancen, dass wir auch dementsprechend handeln.

Ohne Klarheit entsteht irgendwann das berühmte Bedauern, Dinge nicht getan oder Menschen nicht genug beachtet zu haben, wenn es dafür zu spät ist.

4. Die kleinen Dinge zählen

Die SMS oder Whatsapp an unseren Partner (eine, in der es nicht um die Planung des Elternabends oder sonstiges Organisatorisches geht), unser Kind unerwartet von der Schule abholen und einen ganz normalen Abend aufmerksam mit ihr zu verbringen, wenn unsere bessere Hälfte irgendwo unterwegs ist, das offene Ohr für 10 Minuten, wenn unser Freund uns erzählt, dass es gerade schwierig in der Beziehung ist.

Die 5-Minuten-Meditation oder der Spaziergang zur Mittagszeit, um uns selber etwas Gutes zu tun.

Braucht alles nicht wahnsinnig viel Zeit und zeigt den Menschen um uns herum doch, wie wichtig sie uns sind.

Es muss nicht immer die große Geste sein, es müssen auch nicht immer besondere Erlebnisse sein, die uns spüren lassen, dass wir geliebt und akzeptiert werden. Von anderen und uns selber (letzteres hochgradig unterbewertet).

Die kleinen Dinge auf regelmäßiger Basis zählen. Mehr als wir manchmal glauben.

Und final sind es tatsächlich Beziehungen – zu den Menschen, die uns wichtig sind und nicht zu vergessen – zu uns selber – die unser Glück und unsere Balance im Leben tatsächlich maßgeblich beeinflussen.

Online-Kurs: Work-Life-Balance

Die berühmte Work-Life-Balance ist ein komplexes Thema. Aus dem Grund habe ich mich spontan entschlossen, einen Online-Kurs dazu zu erstellen. Die erste (englische) Version wird für einen Testlauf vom 02. bis 29. Juli starten und besteht aus vier Modulen, die Du in Deinem eigenen Tempo durchlaufen kannst. Wenn Du Lust hast, kostenlos daran teilzunehmen, bewirb dich einfach hier bis zum 01.07.2018.

Wenn Du an einem solchen Kurs in Deutsch interessiert bist, lass es mich doch einfach in den Kommentaren unter dem Artikel wissen.

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