Anzeige

Vmware: Wahnsinn nicht weiter unterstützen

Doc StorageDie Vmware-Übernahme entwickelt sich zu einem Disaster, nachdem Broadcom versucht mit aller Macht die Investitionssumme von fast 70 Milliarden US-Dollar wieder einzuspielen. Nur mit massiven Preiserhöhungen, schlechter werdender Support und Abo-Zwang bringt der neue Besitzer die Kunden gegen sich auf. Doc Storage fasst die Lage zusammen.

Kommentar Doc Storage:

Kaum ein Thema polarisiert derzeit so stark wie VMware. Kaum jemand kann der aktuellen Situation etwas Positives abgewinnen. Wir werden gerade Zeuge, wie ein Unternehmen seine Marktmacht missbraucht und in Windeseile eben diese verliert. Aber, beginnen wir am Anfang:

Im November letzten Jahres schloss Broadcom die 69-Milliarden-Dollar-Übernahme von Vmware ab. Hiermit wollte man das ausbauen, was das Unternehmen als Multicloud-Strategie definiert. Vmware hatte zuvor eine Reihe von Eigentümern, und war zwischendurch auch ein selbständiges Unternehmen. Die Firma war im Besitz von Dell, welches die Virtualisierungs-Experten 2016 durch einen 67-Milliarden-Dollar-Kauf von EMC übernahm. EMC hatte Vmware 2004 vollständig akquiriert. 2021 spaltete Dell seinen Anteil an Vmware ab und ebnete damit im Ende den Weg für die Übernahme von Broadcom.

Als Vmware 1998 seine Geschäftstätigkeiten aufnahm, geschah das zu einer Zeit, in der Rechenzentren zunehmend mit x86-Servern aufgerüstet wurden. Die bis dahin übliche, proprietäre Unix-Hardware wurde durch Linux-Server von Red Hat oder Suse ersetzt, und Microsoft drängte mit dem Windows NT-Server ebenfalls stark in diesen Bereich.

Vmware ermöglichte x86-Servern erstmals die Ausführung mehrerer virtueller Maschinen auf einem physischen Server und die Verwaltung der Umgebung mithilfe von Hypervisoren. Später expandierte das Unternehmen in die Bereiche Virtual-Desktop-Infrastructure und Mobile-Device-Management. Die Virtualisierung von Servern allerdings blieb bis heute das Kerngeschäft und hat den Weg zu Low-Cost-Lösungen und cloud-basierten IT-Infrastrukturen geebnet.

Die Strategie von Broadcom besteht laut Unternehmensangaben darin, Geschäftskunden die Erstellung und Modernisierung ihrer privaten und hybriden Cloud-Umgebungen zu ermöglichen. Das Unternehmen plant, weiter in die VMware Cloud Foundation zu investieren, jenen Software-Stack, der als Grundlage für private und hybride Clouds dient und sich von der unbefristeten Software-Lizenzierung verabschiedet. Die Produktfamilie heißt nun jetzt VMware by Broadcom. Das Portfolio der Vmware-Produkte umfasst daneben Dienste zur Modernisierung und Optimierung von Cloud- und Edge-Umgebungen, einschließlich VMware Tanzu zur Beschleunigung der Bereitstellung von Anwendungen sowie Anwendungsnetzwerke (Load-Balancing), erweiterte Sicherheitsdienste sowie Vmware Software-Defined-Edge für Telekommunikations- und Unternehmensanwendung.

Anzeige

Vmware trennt sich vom Endnutzer-Computing

Während der Finanzmitteilung des Unternehmens für das vierte Quartal 2023 bestätigte Broadcom-CEO Hock Tan offiziell, dass Broadcom beabsichtigt, sich vom Endbenutzer-Computing zu trennen. Somit werden in Zukunft keine virtuellen Desktop-Infrastrukturlösungen wie Vmware Horizon mehr angeboten. Im Februar dieses Jahres gab das Investmenthaus KKR bekannt, eine endgültige Vereinbarung zur Übernahme der EUC-Abteilung von Broadcom getroffen zu haben. Durch diesen Abschluss wird die EUC-Abteilung (End User Computing) zu einem eigenständigen Unternehmen. Shankar Iyer, General Manager der End-User Computing Division von Broadcom, schrieb in seinem Blog, dass KKR das Engagement der EUC-Abteilung unterstütze, »beste Lösungen für den modernen, digitalen Arbeitsplatz von heute« bereitzustellen.

Im Rahmen der Abkehr von der unbefristeten Lizenzierung wurde die freie Lizenz VMware vSphere Hypervisor (Free Edition) laut Broadcom EOGA (Ende der allgemeinen Verfügbarkeit) gesetzt. Derzeit ist kein gleichwertiges Ersatzprodukt verfügbar oder in Planung. Michael Roy, Produktmanager für Desktop-Hypervisor-Produkte, sagte zuvor in einem Blog über Vmware Workstation, dass Broadcom sich für Desktop-Hypervisor-Produkte und -Plattformen »engagiert«. Da die Desktop-Hypervisor-Apps, die für die virtuelle Desktop-Infrastruktur Verwendung finden, auf demselben Code wie VMware ESXi aufsetzen, profitieren sie laut Roy von den Verbesserungen beider Produktgruppen. Zu den Vorteilen von VMware Workstation sagte er, »(Vmware) Workstation holt aus ESXi das Beste heraus, indem es eine nicht abschätzbare Anzahl von Szenarien und Anwendungsfällen unterstützt. Das Produkt ermöglicht es uns, neue Funktionen zu testen, während ESXi dabei hilft, (Vmware) Workstation zum führenden Desktop-Hypervisor zu machen.«

Broadcom setzt auf Abonnement-Zwang

Durch die Übernahme von Vmware treibt Broadcom den Zwang auf Abonnement-Software für alle Vmware-Produkte voran. Um Kunden zum Abschluss eines Software-Jahresabonnements zu bewegen, hat man den Preis der Vmware Cloud Foundation gesenkt. Vmware Cloud Foundation ist Broadcoms neues Flaggschiff-Hybrid-Cloud-Angebot der Unternehmensklasse, mit dem Kunden ihre geschäftskritischen Anwendungen belastbar und kosteneffizient ausführen sollen. Momentan noch gibt es einen Rabatt, allerdings ist nicht absehbar, wie lange noch.

»Damit mehr Kunden von dieser Lösung profitieren können, haben wir den bisherigen Abonnement-Listenpreis auf die Hälfte reduziert und höhere SLAs eingeführt, auch zur einfacheren Aktivierung der Produkte und das Lebenszyklusmanagement«, sagte ein Sprecher. Neben dem Lebensende unbefristeter Lizenzen hat man auch angekündigt, dass es keine Support- und Abonnement-Verlängerungen (SnS) für unbefristete Angebote mehr geben wird. Broadcom hat außerdem eine »Bring-Your-Own-Subscription-Lizenz«-Option eingeführt, die Lizenzportabilität auf Vmware-validierte Hybrid-Cloud-Endpunkte bietet, auf denen Vmware Cloud Foundation ausgeführt wird. Diese neuen Abonnementangebote passen zu einem vereinfachten Vmware-Produktportfolio. Krish Prasad, Senior VP und GM der Vmware Cloud Foundation Division, sagte dazu, die Vereinfachung des Produktportfolios würde es Kunden jeder Größe ermöglichen, mehr Nutzen aus den in Vmware getätigten Investitionen zu ziehen. Er sagte weiterhin, dass die Vereinfachung des Portfolios in allen Geschäftsbereichen von Vmware by Broadcom durch die Kommunikation mit Kunden und Partnern vorangetrieben wurde.

»In den letzten zwei Jahren war Vmware bereits auf dem Weg, das Portfolio zu strecken und letztendlich auf ein Abonnementmodell umzusteigen. (…)«, sagte Prasad. Man halte dies für den kommenden Industriestandard für die Cloud-Nutzung, und Kunden könnten angeblich mit kontinuierlicher Innovation, schnellerer Wertschöpfung und vorhersehbaren Investitionen besser bedient werden. »Außerdem helfen wir so noch mehr Kunden, von Vmware Cloud Foundation zu profitieren – indem wir den Listenpreis um die Hälfte reduzieren und höhere Support-SLAs anbieten. Und das einschließlich vereinfachter Aktivierung der Lösung und ein verbessertes Lebenszyklusmanagement.«

Damit hat Broadcom eindeutig den Weg von Adobe eingeschlagen und betrachtet die Bereitstellung von Software ausschließlich als Cloud-basierten Dienst. In Kombination mit der Schließung bestehender Vertriebskanäle für Vmware-Partner und der Einstellung ihrer On-Prem-Software muss sich das gesamte Software Asset Management auf vollkommen neue Einkaufszwänge einstellen. Viele Anwender werden gleich den Entwurf einer vollkommen neuen Architektur in Betracht ziehen, da in den meisten Umgebungen die Verwendung nicht unterstützter Software untersagt ist.

Massiver Stellenabbau bei Vmware erwartet

Es wird, trotz all dem hochtrabenden Manager-Analysten-Sprech in Konferenzen und Interviews, zu einem massiven Stellenabbau bei Vmware kommen. Das Unternehmen versucht, den größtmöglichen Mehrwert aus den 69 Milliarden US-Dollar herauszuholen, die man für die Vmware-Übernahme ausgegeben hat. Die Änderungen bei der Software-Lizenzierung bedeuten auch, dass die meisten Kunden nicht mehr mit dem Vmware-Partner zusammenarbeiten, den sie in der Vergangenheit teilweise über zehn Jahre genutzt haben.

Ein Analysten-Blog meinte hierzu: »Natürlich wurden Einsparungen erwartet – Broadcom hatte zuvor festgelegt, dass man nach Abschluss des Deals 250 Millionen US-Dollar an `Synergien´ finden könne, und Vmware-Mitarbeiter wurden bereits Anfang des Jahres davor gewarnt.« Dann kam es zu den ersten Entlassungen. Weiterhin wies der Analyst darauf hin, dass Broadcom die Rückkehr zum Büroarbeitsplatz vorschreibt und damit die Hybridvereinbarungen von Vmware aufkündigt. Auch das wird für viele Mitarbeiter eine sehr unpopuläre Entscheidung sein. Mit Blick auf bestehende Vmware-Partner wurde festgestellt: »Für die zum Teil langfristig gebundenen Partner besteht das Problem darin, dass dies alles mit vollkommen neuen Vertragsbedingungen und der ständigen Angst vor möglichen Preiserhöhungen einhergeht. Broadcom hat bereits angekündigt, dass es einen schnellen Übergang von unbefristeten Lizenzen zu laufenden Abonnements wünscht.« Abonnements kosten mit der Zeit allerdings selten weniger als klassische Käufe und erfordern von den Kunden ganz andere Bestell-, Buchungs- und Abrechnungsverfahren.

Und nun?

Bisher wurde Vmware durch die Position als etablierter Anbieter und Kreateur eines neues Segmentes einigermaßen geschützt. Viele IT-Verantwortliche testen momentan vor allem Alternativen aus dem »Offenen« Bereich. Sie müssen allerdings feststellen, dass ein Großteil der in den Unternehmen laufenden Software nur als vSphere-basierte virtuelle Appliances verfügbar sind. Daher sollte man – zunächst – in den sehr sauren Apfel beißen und bei Vmware bleiben, wenn es den eigenen Anforderungen entspricht. Allerdings sollte man immer einen Plan B mit anderen Herstellern testen und in petto halten. Wer weiß, auf welche Ideen – vor allem im Bereich der Preisliste – Broadcom in Zukunft noch kommt, um sich die 69 Milliarden mit etwas Ertrag zurückzuholen. Für den Erhalt der bisherigen Infrastruktur spricht daneben nicht nur die reine Soft- und vielleicht nicht mehr anzuschaffende Hardware, sondern auch das in die zuständige Mannschaft investierte Training. Die hierbei speziell für Vmware erworbenen Kenntnisse wären von einem auf den anderen Tag annähernd wertlos.

Oder man verschiebt die lokale auf Vmware betriebene Umgebung vollständig in eine extern betriebene Cloud, und entbindet sich so ein für alle Mal von einem bestimmten Hersteller. Bereits im letzten Jahr haben Experten die Migration verschiedener Arbeitslasten von lokalen Umgebungen in die Cloud untersucht. Natürlich kann dies nicht von heute auf morgen geschehen, allerdings wird der Prozess in bereits virtualisierten Umgebungen wesentlich erleichtert. Die größte Problematik liegt dann nicht mehr auf der Konvertierung der eigentlichen Maschineninhalte, sondern eher auf der Netzwerkseite und der Nutzbarkeit aller nötigen Schnittstellen.

Spezialangebote für wechselwillige Vmware-Kunden

Auch Nutanix, das einen eigenen Hypervisor anbietet, hat derzeit ein Spezialangebot für Vmware-Kunden in der Liste, um sie zum Wechsel zu ermutigen. Diesem werden mit Sicherheit noch andere Anbieter folgen. Man sollte sich all diese Angebote ernsthaft anschauen, bevor man sich als Kunde, der zum Teil zwanzig oder mehr Jahre eine Software betrieben hat, durch die fixen Gewinnerzeugungsideen einzelner Manager erpressen lässt. Und schaut man genau auf die Preislisten von Broadcom, wird man im Ende langfristig kein Produkt und keinen Service finden, der trotz der angeblichen Preisreduzierungen die Budgets der IT-Verantwortlichen nicht höher belastet als bisher. Wie gesagt, 69 Milliarden plus Gewinn müssen ja irgendwo herkommen. Überhaupt eine absolut verrückte Summe, wenn man bedenkt, dass EMC Dell damals vor acht Jahren nur 67 Milliarden gekostet hat – und EMC hatte richtige, physische Produkte, mehrere Fabriken, und alles, was zu einer »produzierenden« Firma dazugehört. Am Ende hat Vmware nur Software für x86-Server – will man den Wahnsinn auch noch weiter unterstützen? Nur mal zum Nachdenken.

Gruß
Doc Storage

Anmerkung der Redaktion
Der Inhalt des Artikels entspricht der persönlichen Ansicht des Autors und spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider.




Anzeige