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DRAM wird zur Mangelware: Wie der KI-Boom RAM & SSDs verteuert

DRAM wird zur Mangelware: Wie der KI-Boom RAM & SSDs verteuertDer globale KI-Boom verschiebt den DRAM-Markt zugunsten von Rechenzentren und HBM. Server-RAM, Smartphone-Speicher und Consumer-DRAM werden deutlich teurer, Enterprise-SSDs ziehen nach. Für Unternehmen steigen Hardware- und Cloud-Kosten, Endanwender zahlen mehr für weniger Ausstattung.

Die Preise für Arbeitsspeicher sind seit Oktober 2025 deutlich angezogen. So stiegen die Anschaffungskosten beispielsweise für einen DDR5-6000-Riegel mit 32 GByte von rund 135 Euro auf aktuell über 170 Euro. Im Zwölf-Monats-Rückblick lag der Durchschnittskurs bei zirka 125 Euro, der Tiefstand bei 98 Euro. Ähnlich verhält es sich bei SSDs. So liegt eine Samsung 990 Evo Plus mit 1 TByte derzeit bei knapp 107 Euro, im Vergleich zu einem Durchschnittspreis von rund 77 Euro und einem Tiefstand von 63 Euro im laufenden Jahr 2025.

Marktforschern wie TrendForce zufolge sind die Preise für DRAM-Chips, einschließlich gängiger DDR5-Module, je nach Chip und Segment seit Jahresbeginn um bis zu rund 170 Prozent gestiegen. Seit Jahresanfang 2025 lagen die DRAM-Preise zunächst auf einem Zyklustief, bevor sie ab dem zweiten Quartal in eine massive Aufwärtsbewegung übergingen. Heute liegen die Vertragspreise im Großhandel je nach Segment grob 50 bis 170 Prozent über dem Niveau zu Jahresbeginn, während im Retail-Markt viele DDR5-Kits mindestens doppelt so teuer sind wie noch Anfang 2025, Extremfälle deutlich darüber.

Für Flash-Experten kommt der Preisanstieg nicht vollkommen überraschend, in dieser Höhe wurde er aber nicht erwartet. TrendForce hatte nach den eher schlechten Zahlen für das Q4/2024 dem NAND-Flash-Markt eine Erholung in Aussicht gestellt und im Juli einen Anstieg von fünf bis zehn Prozent vorhergesagt. Im Oktober konkretisierten die Analysten den möglichen Preisanstieg bei NAND-Flash-Speichern.

Vor allem für Endanwender ist der Preissprung trotzdem eine Überraschung. Für den Profimarkt war der sich drehende Markt dagegen schon länger sichtbar, auch wenn nicht alle an die Dynamik geglaubt haben dürften. Im Prinzip ist die Branche solche Zyklen gewohnt, doch der Sprung von viel zu viel Ware und massiver Kaufzurückhaltung zu neuen Höchstständen fällt dieses Mal besonders stark aus.

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KI lässt Flash-Nachfrage explodieren

Treiber dieser Entwicklung ist weniger ein plötzlicher Nachfrageboom im Consumer-Segment, sondern vor allem der massenhafte Ausbau von KI-Infrastrukturen. High Bandwidth Memory (HBM) für Beschleunigerkarten, große DDR5-RDIMM-Bestückungen in KI-Servern und wachsender Bedarf an Enterprise-SSDs binden einen erheblichen Teil der verfügbaren Wafer- und Packaging-Kapazitäten. Gleichzeitig agieren die wenigen großen Speicherhersteller Samsung, SK hynix und Micron deutlich vorsichtiger beim Kapazitätsausbau als in früheren Zyklen, um Preisstürze zu vermeiden.

Hinzu kommen strukturelle Effekte wie das schrittweise Auslaufen der DDR4-Produktionen und der Migrationsdruck durch das Support-Ende von Windows 10, die zusätzliche Nachfrage nach aktuellen Plattformen mit DDR5 und NVMe-SSDs erzeugen. Die Folge ist ein Markt, in dem Speicher immer knapper und teurer wird und in dem Business-Kunden wie Endanwender gleichermaßen mit höheren Kosten konfrontiert sind.

HBM frisst Wafer-Kapazität – Standard-DRAM wird knapp

Technisch konkurrieren alle DRAM-Varianten um dieselbe Ressource: Silizium-Wafer. Für HBM-Stacks werden diese Wafer jedoch deutlich intensiver genutzt. Schätzungen aus der Industrie gehen davon aus, dass HBM pro Bit bis zum Dreifachen der Wafer-Kapazität benötigt im Vergleich zu klassischem Standard-DRAM.

Parallel reservieren Großkunden wie Hyperscaler und KI-Anbieter ganze Linien für künftige HBM- und Server-DRAM-Lieferungen. Berichten von igor‘sLAB zufolge haben sich große KI-Projekte einen erheblichen Teil der Jahresproduktion von Samsung und SK Hynix mit langfristigen Rahmenverträgen gesichert.

Für klassischen DRAM bleibt schlicht weniger Platz. Die Hersteller investieren zwar massiv in neue HBM-Fabs und fortgeschrittene Fertigungsprozesse, gehen beim Ausbau von Standard-DRAM und NAND-Flash aber bewusst vorsichtig vor. Die Preisstürze der Jahre 2023 und 2024 sitzen tief. Statt aggressiv zu expandieren, fahren die Anbieter eine Strategie der knappen, aber hochprofitablen Versorgung.

Folgen für Unternehmen und Rechenzentren

Für Business-Kunden ist RAM kein Nebenposten, sondern ein zentraler Kostenfaktor. Im KI-Server zieht der Speicher mit HBM-Stacks und hochkapazitiven DDR5-RDIMMs teilweise mehr Budget als die CPU-Ausstattung. Branchenberichte beschreiben, dass in vielen KI-Nodes inzwischen mehr Kapital im Speicherverbund steckt als in einem kompletten klassischen CPU-Server.

Für klassische Enterprise-Workloads – Virtualisierung, Datenbanken, VDI, Analytics – gilt: Server-Konfigurationen mit 512 GByte oder 1 TByte RAM pro Node werden deutlich teurer. Hersteller stehen vor der Wahl, entweder Listenpreise spürbar anzuheben oder ab Werk sparsamer zu bestücken. Branchenberichte verweisen darauf, dass OEMs wie Dell oder Lenovo bereits Preiserhöhungen einpreisen oder bei Standardkonfigurationen den Arbeitsspeicher reduzieren.

Gleichzeitig verschiebt sich die Planungslogik im Rechenzentrum:

  • Kapazitätserweiterungen auf bestehenden Plattformen werden teurer, spontane »RAM-Updates« verlieren ihren Charme.
  • Projekte, die stark speichergebunden sind, benötigen eine strengere Priorisierung nach Business-Relevanz.
  • Architekturentscheidungen, die mit weniger DRAM-Footprint auskommen – etwa durch kombiniertes Memory- und Storage-Tiering, effizientere Caching-Strategien oder speichersparende KI-Modelle – gewinnen an Gewicht.

Auch Storage-Systeme sind betroffen. All-Flash-Arrays und HCI-Knoten basieren auf Enterprise-SSDs, deren Preise aktuell stark anziehen. Provider und Hersteller müssen die höheren Komponentenpreise in ihre TCO-Modelle einrechnen, was sich mittelfristig in höheren Preisen für Appliances, Wartungsverträge und Managed-Services widerspiegeln dürfte.

Für Cloud-Kunden ist die Lage kaum besser. Hyperscaler investieren massiv in KI-fähige Infrastrukturen, sichern sich große Speicher-Volumina über Mehrjahresverträge und geben die höheren Kosten, wo möglich, über höhere Instanzpreise oder neue Premium-Tarife weiter. Mehrere Marktbeobachter sehen daher steigende Infrastrukturkosten sowohl On-Premises als auch in der Public-Cloud.

Endanwender kaufen teurer oder bekommen weniger RAM

Endanwender erleben die Preisspirale in abgeschwächter, aber spürbarer Form. Im PC- und DIY-Segment haben sich die Preise vieler DDR5-Kits laut Marktdaten verdoppelt bis vervierfacht. Nutzer, die ihren Gaming-PC aufrüsten wollen, zahlen plötzlich RAM-Preise im Gegenwert einer Spielkonsole.

Die Hersteller reagieren klassisch:

  • Notebooks werden mit weniger RAM ausgeliefert oder setzen auf langsamere Module.
  • Bei Desktop-Systemen schrumpft die Standard-Ausstattung, während Upgrades ab Werk deutlich teurer bepreist werden.
  • In anderen Bereichen wird querfinanziert, etwa durch günstigere Displays, Gehäuse oder Batterien, um den höheren Speicherkosten zu begegnen.

Im Smartphone-Markt erhöhen steigende DRAM- und NAND-Kosten die durchschnittlichen Verkaufspreise und drücken auf die Absatzprognosen. Analysten rechnen mit geringeren Stückzahlen ab 2026 und einem klaren Trend, High-End-Modelle stärker nach oben zu differenzieren, während Mittelklasse-Geräte beim Speicher konservativer ausgestattet werden.

Strategien der Hersteller: maximale Marge statt schnelle Entspannung

Die Finanzzahlen der großen Speicheranbieter zeigen, dass sich die Knappheit für sie auszahlt. Trendforce meldet für den DRAM-Markt einen Umsatzsprung von gut 30 Prozent binnen eines Quartals, SK Hynix und Samsung berichten von Rekordgewinnen.

Micron sendet ein besonders klares Signal: Das Unternehmen lässt die bekannte Consumer-Marke Crucial bis Februar 2026 auslaufen, um Kapazitäten für HBM und Enterprise-Kunden im KI-Segment freizumachen. Sumit Sadana, Chief Business Officer bei Micron, begründet den Schritt damit, man wolle die Versorgung und den Support für »größere, strategische Kunden in schnell wachsenden Segmenten« verbessern.

Auch Samsung und SK Hynix spielen in dieselbe Richtung. Berichte sprechen von Aufschlägen von bis zu 60 Prozent auf bestimmte Server-Speicherprodukte und von langfristig reservierten Kontingenten für KI-Projekte.

Ausblick: Knappheit bis mindestens 2027

Die große Frage lautet: Wann normalisiert sich der Markt wieder? Hier sind sich die meisten Quellen weitgehend einig. SK Hynix signalisiert gegenüber Analysten, dass der Engpass bis Ende 2027 anhalten könnte, weil der Aufbau neuer Fertigungskapazitäten Jahre benötigt. TrendForce erwartet für 2025 und 2026 weitere Preissteigerungen, insbesondere im DRAM- und Enterprise-Flash-Segment.

Kurz- bis mittelfristig sprechen die meisten Indikatoren dafür, dass Speicher teuer bleibt. Die Hersteller haben aus früheren Überkapazitätszyklen gelernt und werden das Angebot eher knapp als großzügig planen. Oder wie es ein Marktbeobachter formuliert: »Für die Anbieter läuft es perfekt – hohe Nachfrage, knappe Ware, steigende Preise – alle anderen müssen zahlen oder warten.«

Für Unternehmen und Endanwender heißt das:

  • Arbeitsspeicher und schneller Flash sind keine austauschbare Commodity mehr, sondern strategische Ressourcen.
  • IT-Budgets sollten von anhaltend hohen Speicherpreisen ausgehen und entsprechende Puffer vorsehen.
  • Architekturen, die mit Speicher effizient umgehen, werden wichtiger als die Frage, ob noch ein weiteres Modul ins Board passt.

Die Zeiten, in denen sich RAM und SSDs zum Discountpreis nahezu beliebig nachrüsten ließen, sind auf absehbare Zeit vorbei.