LTO-Konsortium startet offiziell Lizenzvergabe für LTO-10
Das LTO-Konsortium mit HPE, IBM und Quantum hat die finalen Spezifikationen für LTO Ultrium Gen 10 veröffentlicht. Damit können Drittanbieter offiziell Lizenzen erwerben, um kompatible Produkte (Bandlaufwerke und -kassetten, Autoloader und Tape-Librarys) zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.
Die Veröffentlichung der finalen Spezifikationen des LTO-Konsortiums aus Hewlett Packard Enterprise, IBM und Quantum sind der offizielle Startschuss für die breite Marktabdeckung: Systemherstellern und Lösungsanbietern können ab sofort eigene LTO-10-Produkte lizenzieren, entwickeln und vermarkten.
IBM kündigte Ende Mai als einer der ersten Anbieter LTO-10-Laufwerke an. Neben den Konsortiumsmitgliedern folgten bereits seit Juni verschiedene OEMs und Speicherhersteller wie Spectra Logic, Symply, MagStor und Cartridge-Hersteller Fujifilm mit entsprechenden Produkten. Qualstar scheint die offizielle LTOultrium.com-Webseite gekapert zu haben, um sie mit eigenen LTO-10-Produktinformationen zu fluten.
Recap LTO-10
Neu ist es also nicht: LTO Gen 10 kommt mit bis zu 30 TByte nativer Kapazität und 400 MByte/s Datentransferrate. Dies bedeutet, die Geschwindigkeit bleibt unverändert, die Kapazität verdoppelt sich wieder nicht im Vergleich zu Vorgänger (18 TByte nativ statt ursprünglich geplanter 24 TByte), wie dies in der Vergangenheit Usus war.
Physische Limits holen eben irgendwann fantastische Marketing-Roadmaps ein. Gravierender als das einst selbst aufoktroyierte Kapazitäts-/Geschwindigkeitsrennen gegen die eigene Roadmap, die längst kein in Stein gemeißeltes Dokument mehr ist, wirkt sich ein Technologiewandel aus.
LTO-10 sei, sagen die Konsortiumspartner, auf Kosteneffizienz, Cyber-Resilienz und Datenhaltbarkeit in Archiv-, Compliance- und Hybrid-Cloud-Umgebungen ausgelegt.
Anders als bis LTO-9 wurde die Medienoptimierung eliminiert, was die Inbetriebnahme in der Praxis erheblich beschleunigt. Die neuen Laufwerke kommen wahlweise mit zwei SAS-Anschlüssen (je 12 Gbit/s) oder zwei Glasfaserkanälen (Fibre-Channel, je 32 Gbit/s) und bieten damit höhere Bandbreiten für moderne Netzwerke als zuvor.
Zudem ist LTO-10 die erste Tape-Generation mit Zertifikaten für Post-Quanten-Kryptografie. Sie basiert auf den vom NIST (National Institute of Standards and Technology) standardisierten Algorithmen und soll auch in einer Ära von Quantencomputing Schutz bieten. Die Technologie eignet sich für besonders sensible Datenbestände in Behörden, Finanzinstituten oder Forschungseinrichtungen.
Makel: Rückwärtskompatibilität
Das ist alles am Puls der Zeit, orientiert an praktischen Anforderungen, an Funktion und Kosten und zweifelsohne in die Rubrik der signifikanten Verbesserungen einzuordnen. Wo Kapazität und Tempo an Limits stoßen, werden Aspekte der Usability vorangetrieben. Only fair!
Ein neues Design des Schreib-/Lesekopfes soll die Zuverlässigkeit und Performance steigern. Und die Basis für kommende Generationen legen. Der Zeitpunkt der Einführung ist jedoch prekär, ist eben diese neue Technologie die Ursache für die fehlende Rückwärtskompatibilität von LTO-10. Statt eines Upgrades auf Generation stehen User also vor der Frage: Umstieg oder nicht!
Anmerkung der Redaktion:
Michael Baumann, speicherguide.deSchweinsgalopp mit Pferdefuß
Erstmals in der langen Geschichte von Linear Tape-Open ist dies der Fall – und könnte sich langfristig als schwerwiegender Makel herausstellen: Keine Rückwärtskompatibilität!
Seit der Markteinführung von LTO-1 im Jahr 2000 wurden im »Schweinsgalopp« Band-Formate wie DLT und AIT überrollt, mehr als 5,7 Millionen Laufwerke, 383 Millionen Cartridges und 649 Milliarden GByte an LTO-Medien ausgeliefert. Nach Jahren der Absatz-Stagnation stieg der LTO-Tape-Markt 2024 wieder um 15,4 Prozent auf 176,5 EByte (speicherguide.de berichtete).
Bekannte Gründe für die vergangenen Erfolge liegen in den niedrigen Systemgesamtkosten (pro GByte), wachsenden Archivierungspflichten und dem geringen Energieverbrauch. Und eben in der Rückwärtskompatibilität.
Dieser auch psychologisch wirksame Kaufgrund, die strategische Entscheidung über Produktgenerationen hinaus, entfällt – zumindest fürs erste.
Der Übergang von der neunten auf die zehnte Generation ist deshalb ein sehr entscheidender. Ist doch das vermeintliche Upgrade auf LTO-10 ein eigentlicher Umstieg, und steht damit im direkten Wettbewerb mit existierenden Backup- und Archivierungslösungen sowie anderweitig organisierten Datensicherungsstrategien.
Zusätzlicher Druck könnte irgendwann durch alternative Ansätze erwachsen, noch sind aber DNA-Storage, holografische Techniken oder Medien auf Basis von Glasträgern und Keramik keine marktreife Konkurrenz.
So bleibt das bekannte »dead«-Postulat nach wie vor unangebracht. Nur trabt der einstige Galopper jetzt mit einem etwas lahmen Pferdefuß. Wie lange, wird sich zeigen.