Es reicht – klick, weiter…

Dem Doc reicht es, er hat schlechte Laune und in seiner Kolumne tut dies auch Kund. Er ist genervt, von der aus seiner Sicht, oftmals trivialen Berichterstattung über zu viel Banales, egal ob über Corona, die Königsfamilie oder die Cloud. Im Fernsehen, in den Zeitungen und im Internet, zu vieles fällt für ihn in die Kategorie, Klick, weiter. Mit diesem Groll steht er vermutlich nicht alleine.

Kolumne Doc Storage:

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Liebe Leser,

heute ein etwas »anderer« Doc Storage, als Sie es an dieser Stelle gewohnt sind. Denn – es reicht! Es reicht an so vielen Ecken und in so vielen Winkeln des nunmehr ja täglichen Lebens, dass dazu etwas geschrieben sein will. Und da ich das in dieser Form noch nirgendwo anders lesen konnte, fange ich jetzt einfach einmal damit an. Diesen Artikel schreibe ich als jemand, der tagtäglich seinen eigenen Nachrichten- und Informationsstand (größtenteils) aus den Online-Medien zieht, aber auch als jemand, der zu diesen Nachrichten und Informationen sein gigantisch kleines Scherflein beiträgt. Egal, in welches »Medium« man hineinschaut, und welchen Träger, Papier oder Flüssigkristalle, die sich zur Nachrichtenaufbereitung berufen Fühlenden wagen es nur noch, uns lauwarmes von vorgestern oder windelweiches von irgendwelchen selbsternannten Prominenten zu berichten.

ES REICHT! Nun mag es dem einen oder anderen einen kleinen Tropfen gierenden Speichel in die Mundwinkel treiben, einer weiland führenden Partei bei der Selbstauflösung durch eine Kanzlerkandidatenkür zuzuschauen, die eher an die Bandenbildung im Kindergarten erinnert. Wozu müssen wir das wissen? Auch gehört es nicht zum grundsätzlich wünschenswerten Allgemeinwissen, welches Enkelchen, mit oder ohne Ehefrau, wann seinen vergrämten Bruder auf der kleinen Spalterinsel bei der Beerdigung ihres Großvaters wiedertrifft, und ob und wann er in welcher Uniform wo auftritt, oder eben nicht.

Aber genau das wird mir in jedem dieser einstmals zurecht für ihren großen Journalismus bekannten Magazine immer und immer und immer wieder durchgekaut. Man war ja schon froh, dass man nach Wochen des Leidens nichts mehr über dieses drittklassige Interview lesen musste, wo ja schier jedes der 25 Einzelbilder in der Sekunde analysiert und kommentiert werden wollte.

ES REICHT! Niemand, wirklich niemand, der eines der großen Medien öffnet, möchte dort auch noch von dem bösen Virus lesen, von der Unfähigkeit der Politiker, von den nicht ausreichend vorhandenen Impfdosen oder von sonst noch etwas, was auch nur im Entferntesten mit der Pandemie zu tun hat. Wann merken die Redakteure eigentlich mal, dass sie durch ihre ständige Überschüttung der Menschen mit auch noch kleinen und geringen »Neuigkeiten« aus der Corona-Szene im besten Falle ein wohliges Zaudern im heimischen Einschluss provozieren, im schlimmsten allerdings die Eingabe einer anderen Internet-Adresse. Auf der es dann genauso weitergeht.

Jeder, aber auch wirklich jeder ist spätestens seit letztem Sommer ein sogenannter Experte, sogar der sonst (Gott sei Dank) auf »Internet-Themen« selbstbeschränkte Irokesen-Blogger fühlt sich neuerdings dazu berufen, den Menschen auch noch seine Sicht auf das Virus vorzukauen. Niemand, der einigermaßen klaren Geistes ist, würde es ohne Ausbildung wagen, Menschen zu operieren, ein Auto oder einen Rechner zu reparieren (zumindest nicht an den entscheidenden Stellen). Aber jeder, wirklich jeder ist heutzutage dazu berufen, und dank Internet auch dazu in der Lage, seinen geistigen Durchfall bei anderen loszuwerden. Und im schlimmsten Falle helfen ihm einst renommierte Magazine auch noch bei der Verbreitung!

ES REICHT! Auch bei uns gibt es leider diese Tendenz zu »Weiterklick-Triggern«. Und sie werden immer mehr. Mal- und Ransomware zum Beispiel. Du lieber Himmel ja, die gibt es, wir wissen alle, was sie tun, dass denen immer was Neues einfällt und wir unsere Datenbestände, so sie uns denn etwas wert sind, vor diesen Verbrechern schützen müssen. Damit ist es dann aber auch gut, und das Thema könnte – wie sagt man in der Politik so schön – an die Ausschüsse verwiesen werden. Aber nein! Jedes Magazin veröffentlicht jeden Tag, den der Herr werden lässt, einen neuen Artikel (meist ja von den Gutmenschen geschrieben, die damit ihre Software oder anderen Sachen verkaufen wollen) zu diesem Thema. Klick. Weiter. Platzverschwendung auf meinem Monitor.

Cloud ist auch so ein Ding. Jeder Cloud-Anbieter bezahlt jedem »Analysten« beträchtliche Beträge dafür, vor allem dem deutschen DV-Betreiber ins schlechte Gewissen zu reden, dass er noch nicht weit genug in die Wolke vorgedrungen sei. Cloud und alles drumherum zählt auch zu diesen »Weiterklick-Triggern«. Man soll Software-Defined-Irgendwas-Neues einführen, alle anderen machen das schon, nur die Deutschen natürlich nicht, also bitte nachsitzen. Und wenn diese neue SD*-Sau durchs Dorf getrieben ist, erfinden die in ihren Hinterzimmern wieder was Neues, das, wenn man es nicht hat, einem das DV-Genick bricht. Klick. Weiter. Ach jaaa – und der Speicherriese aus Boston ist immer noch Nummer eins. Was für eine Überraschung. Klick. Weiter.

Merkt denn eigentlich niemand in den Redaktionen, dass diese sogenannten journalistischen Beiträge niemand, aber auch wirklich niemand mehr über sich ergehen lassen möchte? Wo sind denn die Zeiten geblieben, in denen sich Magazine mit der Offenlegung tatsächlicher Skandale mit dem Staat angelegt haben, bis hin zum Verfahren wegen Vaterlandsverrat? Wo sind die Zeiten geblieben, in denen technische Magazine auch technisch berichtet haben, und nicht nur Posaune für das Marketing immer homogener werdender Hersteller degeneriert sind? Die Anordnung gewisser Herstellernahmen in »magischen« Quadranten hat genauso viel Informationsgehalt wie das immer wiederkehrende Aufmalen verschiedener Rottöne auf einer Deutschlandkarte. Die Menschen sind ja inzwischen dermaßen auf diesen Blödsinn konditioniert, dass die Änderung ebendieser Rottöne in der Nachrichtensendung eines öffentlich-rechtlichen Senders von einer großen Boulevard-»Zeitung« zur Staatskrise hochgejazzt wurde.

Aber – was rege ich mich eigentlich auf? Nichts wird sich ändern. Nichts! Auch morgen werden wir wieder über die Kindergartenklopperei zwischen dem kleinen Mann aus dem Rheinland und dem Inzidenzweltmeister aus Bayern lesen, dass das alles der schwarzen Partei schadet und dass die schon weniger als was-weiß-ich wieviel Prozent hat, wenn Sonntag Wahl wäre. Wir werden über die kleinen Prinzen von der Insel und ihren Streit mit ihrer Großmutter lesen, genauso wie uns wieder zahllose selbsternannte Experten mit ihren Meinungen zur Pandemie segnen werden. Und die »Analysten« dieser Welt werden uns weiterhin ein schlechtes Gewissen machen, weil wir den neuesten Blödsinn (noch) nicht gekauft haben, werden die Marktführer in ihrer Position bestätigen, und uns immerwährend mit ihren Ausblicken auf die kommenden Jahre nerven, von denen im Übrigen noch nie einer auch nur ansatzweise der Realität entsprochen hat.

Und die wundern sich allen Ernstes über immer geringere Klickzahlen, darüber, dass kaum noch ein Werbekunde die Anzeigen bezahlen möchte, mit denen die Online-Redaktionen ihre Trivialitäten zu finanzieren versucht? Was es braucht, ist mal ein ganz neuer Versuch zu informieren. Ohne Boulevard, ohne selbsternannte Experten, die zu jedem Thema aus jedweder Hecke springen, und – was unseren Bereich betrifft – ohne wiedergekäute Trivialitäten, mit denen sich manche Experten, die in ihrem kurzen Leben noch nie ein Rechenzentrum von innen gesehen haben, gegen gute Bezahlung hervortun. Ein Versuch zu informieren über Dinge, wie sie tatsächlich tagtäglich benötigt werden, auch und vor allem in der heutigen »Situation«, die die Unterhaltung von Abteilungs- und individuellen Systemen so wesentlich verändert hat. Und nicht über das, was im kommenden Jahr (garantiert nicht) wichtig wird, oder über den, der mal wieder »CIO of the Year« geworden ist. Die Mitarbeiter kühlen die Schaumweine jetzt schon, um zu feiern, wenn sie den wieder los sind. Ein Versuch zu informieren aus der Perspektive des Doppelbodens, aus der Perspektive derjenigen, die die wirkliche Arbeit machen im Rechenzentrum und um zu, nicht aus der derjenigen, die jeden Morgen erstmal in Krawatte und Anzug werfen, um sich neue Trends auszudenken, mit denen sich mal wieder die Geldkatze so manches Kunden melken lässt.

Klick. Weiter.

Gruß
Doc Storage

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