Spacenet gewinnt Prozess: Vorratsdatenspeicherung gegen EU-Recht

Widerstand ist nicht zwecklos! Der Münchener Internet-Provider Spacenet wehrt sich erfolgreich gegen die Vorratsdatenspeicherung. Das Verwaltungsgericht (VG) Köln entschied, dass die anlasslose Vorratsdatenspeicherung gegen EU-Recht verstößt. Bisher gilt die Entscheidung nur für Spacenet, ist aber richtungsweisend für das gesamte Internet.

Sebastian von Bomhard, Vorstand, SpacenetSebastian von Bomhard, Vorstand, Spacenet Das hatte sich die Politik sicher anders vorgestellt, aber die anlasslose Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen EU-Recht. Laut den Richtern vom Verwaltungsgericht (VG) Köln ist eine nationale gesetzliche Regelung, die eine massenhafte Speicherung von Daten verlangt, ohne diese in konkreten Zusammenhang zur Verbrechensbekämpfung zu setzen, europarechtlich unzulässig. Schon im Dezember 2016 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zur schwedischen und englischen Vorratsdatenspeicherung geurteilt, dass die Speicherung personenbezogener Daten eine Ausnahme bleiben und auf das absolut Notwendige beschränkt werden müsse. Jetzt haben auch wir dafür die Bestätigung. SpaceNet ist nicht zur Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden verpflichtet. Die Entscheidung gilt jedoch zunächst nur für das Münchener Unternehmen, wird aber über den Einzelfall hinaus richtungsweisend für das gesamte Internet sein.

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Erfolgreiche Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung

Geklagt hatte Spacenet gemeinsam mit eco, dem Verband der Internetwirtschaft und Prof. Dr. Matthias Bäcker von der Universität Mainz mit dem Ziel, eine Grundsatzentscheidung zur Vorratsdatenspeicherung herbeizuführen. In ihrem aktuellen Urteil vom 20. April 2018 folgten die Kölner Richter im vollen Umfang der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster, das bereits am 22. Juni 2017 Spacenet von der Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung befreit hatte. Nur wenige Tage später setzte damals die Bundesnetzagentur die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung auch für alle anderen Provider aus.

Den gesetzlichen Regelungen zufolge müssen Internetprovider, Mobilfunk- und Kommunikationsunternehmen alle Standortdaten vier Wochen sowie alle Verbindungsdaten ihrer Kunden zehn Wochen lang speichern und diese an Polizei, Staatsanwaltschaft und Nachrichtendienste auf Verlangen übergeben. Dagegen hatte Spacenet und Eco bereits im April 2016 vor dem Verwaltungsgericht Köln geklagt. Gegen das aktuelle Urteil des VG Köln kann Berufung eingelegt werden, die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ist zugelassen.

Vorratsdatenspeicherung mit rechtsstaatlichen Standards nicht vereinbar

»Es ist meine feste Überzeugung, dass die Vorratsdatenspeicherung mit rechtsstaatlichen Standards nicht vereinbar ist«, erklärt Prof. Dr. Bäcker, Universitätsprofessor für Öffentliches Recht und Verfasser der Klageschrift.

So sieht es natürlich auch Spacenet-Vorstand Sebastian von Bomhard: »Es ist schön zu sehen, dass wir Erfolg mit unserer Klage haben und zeigt, unsere Hartnäckigkeit ist berechtigt. Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet uns, alle Verbindungsdaten unserer Kunden zu speichern und gegebenenfalls Polizei, Staatsanwaltschaft oder Nachrichtendiensten darüber Auskunft zu geben. Diesem Vertrauensbruch hätten wir niemals freiwillig zugestimmt. Bei massiven Eingriffen in bürgerliche Grundrechte, vor allem im Digitalen, waren wir schon immer wachsam und haben eindeutig Stellung bezogen. Daher freuen wir uns sehr über das Urteil. Mit der Vorratsdatenspeicherung kann man zwar Bürger ausspähen, aber sicher keine Terroristen fangen.

»Wir sehen unsere grundsätzlichen Bedenken, hinsichtlich der Wiedereinführung der VDS, damit bestätigt«, ergänzt Oliver Süme, Eco-Vorstandsvorsitzender. »Die Bundesregierung muss jetzt umgehend reagieren und diese kostspielige Odyssee für die Unternehmen endlich beenden. Wir brauchen endlich Rechts- und Planungssicherheit.«

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