Primärspeicher – zwischen All-Flash und hybrid

Primärspeicher – zwischen All-Flash und hybrid
Bild via Canva Pro

Primary-Storage bleibt das Herz der Datenspeicherung vom Rechenzentrum bis zum Netzwerkrand, wenn es um geringe Latenz und hohe IO-Zugriffsraten geht. Hybride Systeme kommen zwar noch zum Einsatz, für All-Flash-Speicher sprechen aber eine schnellere Leistung, höhere Kapazität bei einem Bruchteil der Stellfläche im Rechenzentrum.

Von Michael Baumann und Karl Fröhlich

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Primärspeicher sind vor allem für die Unterstützung von Workloads mit strukturierten Daten zuständig, die auf Antwortzeiten und Input/Output pro Sekunde (IOPS) angewiesen sind. Hierzu gehören beispielsweise geschäftskritische Anwendungen, Echtzeitanalysen und Datenbanksystemen. Der Markt umfasst dabei dedizierte Produkte oder Produktlinien für All-Flash-Arrays (AFA) und Hybrid-Speicher-Arrays.

Marktforschern zufolge sieht die Zukunft des Primärspeichers eigentlich gar nicht so rosig aus. 2021 prognostizierte Gartner beispielsweise, dass mehr als 70 Prozent der weltweiten Enterprise-Speicherkapazität als verbrauchsbasierte Angebote bereitgestellt würden. Mit dem Magic Quadrant for Primary Storage 2023 hieß es dann: »Bis 2026 sollen SLA-Garantien auf der Basis von Speicherverbrauchsplattformen mehr als 50 Prozent der herkömmlichen Aktivitäten für die Verwaltung, Budgetierung, Bewertung, Beschaffung und Erfüllung von IT-Kapazitäten vor Ort ersetzen, gegenüber weniger als zehn Prozent im Jahr 2023.«

Bis 2028 soll verbrauchsbasiertes Storage-as-a-Service (STaaS) mehr als 35 Prozent der Investitionsausgaben für Unternehmensspeicher (Capex) ersetzen. Im vergangenen Jahr lag dieser Wert noch bei weniger als zehn Prozent.

Damit einher geht auch eine Umschichtung des Budgets für IT-Speicherinfrastruktur. Laut Gartner werden bis 2027 weniger als 30 Prozent für Hardware-Management und IT-Support-Fähigkeiten aufgewendet. 2023 waren es noch 85 Prozent.

Flash und AFA treiben den Markt

Vor allem in Deutschland bleibt On-Premises-Speicher eine wichtige Komponente für Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle und Sicherheit von Daten. Im Bereich Primärspeicher sind All-Flash-Arrays (AFAs) erste Wahl, nicht zuletzt angetrieben von NVMe als die bevorzugte High-Performance-Technologie, wenn schnelle Datenübertragungen benötigen werden.

AFAs bringen, gegenüber HDD-Lösungen, den Vorteil extrem schneller Reaktionszeiten und geringerer Latenzen mit sich. Daten sind dadurch sofort abrufbar und Ladezeiten kurz. Hinzukommt eine hohe IOPS-Leistung, das heißt, wie schnell ein Netzwerk oder Datenträger mit einem Ein-/Ausgabegerät kommuniziert. Neben der Performance ist aber auch der geringere Platzaufwand ein Argument. Während in ein 2U-Rack zwölf 3,5-Zoll-Festplatten passen, sind es in einem AFA 24 SSDs (2,5 Zoll). Damit einher gehen auch ein reduzierter Energieverbrauch und Kühlaufwand.

Die Analysten von Gartner erwarten, dass der Anteil von NVMe-oF (Nonvolatile Memory Express over Fabrics) bis 2025 rund 30 Prozent des Primärspeichers ausmachen. Mordor Intelligence sieht für den Markt für Enterprise-Flash-Speicher eine jährliche Wachstumsrate von 13,67 Prozent.

Performance-Spezialist für native Speicherdienste

Der Hauptzweck eines primären Speicherprodukts besteht darin, Reaktionszeiten und IOPS-sensitive strukturierte Daten-Workloads zu unterstützen. Typische Anwendungsfälle umfassen also nach wie vor geschäftskritische Workloads wie IBM DB2, Microsoft SQL, Exchange und SharePoint, Oracle-Datenbanken und -Anwendungen, SAP HANA und intern entwickelte Transaktions-Anwendungen. Weitere Szenarien sind die Anwendungskonsolidierung, die Unterstützung virtueller Umgebungen, die Bereitstellung von persistentem Speicher für Container-Umgebungen und der Cloud-IT-Betrieb.

Zu den Kernfunktionen der Produkte im Primärspeichermarkt gehört die Unterstützung für native Datendienste, die die Kapazitätsauslastung schonen, vor Datenverlust schützen und die Wiederherstellung durch lokale und Remote-Replikation verbessern. Die Architektur kann da für Scale-up- oder Scale-out-Modelle konzipiert sein. Ersteres skaliert durch horizontale Erweiterung in einem Stack, zweites durch Ergänzung weiterer Systeme.

Zu den zusätzlichen primären Speicherfunktionen gehören SDS-Dienste für lokale Speicher- oder Cloud-Plattformen, das in branchenübliche Server-Hardware oder spezialisierte proprietäre Hardware als skalierbare, disaggregierte Rechen- und Speicherarchitektur integriert ist.

Noch mehr Speed

Künstliche Intelligenz für den IT-Betrieb -Funktionen(AIOps) für betriebliche Anforderungen, wie Kostenoptimierung und Kapazitätsmanagement, proaktiver Support, Workload-Simulation und -Platzierung, prognostizierte Wachstumsraten und/oder Asset-Management-Strategien.

Block-basierte Host-Schnittstellen wie Fibre-Channel (FC) und SCSI oder dateibasiert wie NFS (Network File System) und SMB (Server Message Block) oder eine Kombination aus Block-and-File-Protokollen werden genutzt.

FC-Standards unterstützen 8, 16 und 32 Gbit/s sowie neuerdings auch 64 Gbit/s und 128 Gbit/s. FC-SANs kommen vor allem  in Umgebungen mit hohen Anforderungen an die Datenintegrität und niedriger Latenz zum Einsatz.

NVMe-over-Fabrics (NVMe-oF) ist darauf ausgelegt, die hohen Leistungsvorteile von NVMe-SSDs über Netzwerke zu ermöglichen. Die Geschwindigkeiten variieren je nach zugrundeliegender Netzwerkinfrastruktur. NVMe-oF lässt sich über verschiedene Transportprotokolle wie RDMA (Remote Direct Memory Access), Fibre-Channel oder TCP/IP implementieren.

RDMA über Converged-Ethernet (RoCE) ist eine Implementierung von RDMA, die direkt über Ethernet-Netzwerke läuft. RoCE solldie Effizienz der Datenübertragung verbessern, indem es die CPU-Last minimiert und eine niedrigere Latenzzeit bietet. Es ermöglicht den direkten Speicherzugriff von einem Computer zum Speicher eines anderen, ohne den Umweg über das Betriebssystem zu nehmen.

Nicht zu vernachlässigen ist NVMe/TCP, auch wenn es noch langsam vorangeht. Bereits vor Jahren haben fast alle Hersteller ihre Unterstützung angekündigt. Trotzdem ist die Anzahl an Einsatzfähigen Produkten noch überschaubar. Zu nennen sind unter anderem Dell PowerStore und VMware vSphere sowie StarWind. Während Linux-Treiber längst verfügbar sind, ist dies bei Windows noch nicht wirklich der Fall.

Einer der Hauptvorteile von NVMe/TCP ist seine Kosteneffizienz. Es vermeidet die Notwendigkeit für spezialisierte RDMA-fähige Netzwerkgeräte (RNICs), was es günstiger macht als Alternativen wie NVMe-oF oder NVMe über RDMA. Zusätzlich kann NVMe/TCP vergleichbare Leistungsniveaus zu diesen anderen Protokollen erreichen, jedoch mit einem einfacheren Einsatz- und Verwaltungsprozess.

Adoptionsversuche stehen jedoch noch vor Herausforderungen aufgrund des Mangels an einem breiten Ökosystem und umfassender Anbietervalidierung, die für die Gewährleistung der Interoperabilität und Stabilität in großangelegten Deployments wesentlich sind. Das Potential ist groß, noch wartet NVMe/TCP aber auf seinen Durchbruch.

Magic Quadrant 2023: Markt und Anbieter Primary-Storage

Der Gartner »Magic Quadrant 2023 Primary Storage« bewegt sich nur unwesentlich im Vergleich zum Vorjahr. Als marktführend dürfen sich erneut Pure Storage, NetApp, Dell und HPE bezeichnen. Allerdings auch IBM, Huawei, Infinidat und Hitachi Vantara. Infinidat und Hitachi verlieren Prozent-Punkte bei der Verfügbarkeit.

Gartner Magic Quadrant 2023 für Primärspeicher: Diesmal bleibt die Kategorie Visionäre leer.
Gartner Magic Quadrant 2023 für Primärspeicher: Diesmal bleibt die Kategorie Visionäre leer.

Zu den Kernfunktionen von Primärspeichern gehören laut Gartner:

  • Host-Schnittstellen-Protokolle, die blockbasiert sind, wie Fibre-Channel, iSCSI, SAS, dateibasiert, wie Network-File -System und Server-Message-Block, oder eine Kombination aus Block- und Dateiprotokollen.
  • Datendienste zum Pooling von Kapazitäten auf Speichermedien (HDD oder Flash) und zur Bereitstellung von LUNs für Geschäftsanwendungen.
  • Datendienste, die die Kapazitätsauslastung erhalten, ein hohes Maß an Effizienz und Ausfallsicherheit bieten, vor Datenverlust und Ransomware schützen und die Wiederherstellung über lokale und Remote-Replikation ermöglichen.
  • Blockbasiertes STaaS-Angebot, das als Service-Provider-verwaltetes Angebot in Partnerschaft mit dem Endbenutzerkunden als IT-verwaltetes Angebot verfügbar ist.
  • AIOps-Software, die Betriebsüberwachung für präskriptiven Zustand, Kundensupport und Unterstützung für proaktives Kapazitätsmanagement, unterbrechungsfreie Workload-Simulation, Datenplatzierung und -migration, Optimierung der Kosten für die Speichernutzung, Leistungsoptimierung sowie Beobachtung, Alarmierung und Berichterstellung für die gesamte und stapelübergreifende Telemetrie und die gesamte Flotte umfasst.
  • Eine SDS-Produktarchitektur, die die Speicher-Hardware des Anbieters von der Speicherbetriebs-Software trennt. Das SDS-Produkt unterstützt die Speicherung vor Ort und/oder eine oder mehrere öffentliche Cloud-Plattformen, die über einen Marktplatz zugänglich sind. Es lässt sich in die Server-, Speicher- und Netzwerkhardware des Cloud-Anbieters integrieren und setzt dasselbe Speicherbetriebssystem ein, das auch in der Appliance-Lösung vor Ort verwendet wird. Außerdem ist sie in die AIOps-Funktionen des Anbieters integriert.
  • Unterbrechungsfreie Migration von Daten von einem aktuellen Array auf ein zukünftiges Array mit einer 100-prozentigen Datenverfügbarkeitsgarantie.
  • Cyber-Storage-Schutz und Ausfallsicherheit, einschließlich Unterstützung für Ransomware-Erkennung, Datenschutz und Wiederherstellungsfunktionen.

Kaum Raum für Newcomer

DDN (Tintri) ist aus der Box der Herausforderer abgestiegen zum Nischenplayer. Gartner bemängelt das Fehlen von As-a-Service-Angeboten für On-Premises-Hybrid-Plattformen, den Mangel an Ransomware-Erkennung und die eingeschränkte Unterstützung von Public-Cloud-Optionen.

Gartner strich Fujitsu (im Vorjahr Nischenplayer) und Lenovo (im Vorjahr Visionär) aus dem Quadranten, da diese nun von einem Controller-Betriebssystem eines Dritt-Anbieters abhängig seien und damit die Vorgaben der Analysten nicht mehr träfe. Zadara scheiterte an dem Mindestumsatz von 100 Millionen US-Dollar im Zeitraum April 2022 bis März 2023. Der Raum für Newcomer ist dementsprechend eng. Anbieter wie beispielsweise VAST Data laufen unter dem Gartner-Radar.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Herstellern auch im deutschen Raum, ob All-Flash oder hybrid. Korrekt müsse man sie eher als System-Builder oder Assemblierer bezeichnen. Deutsche Anbieter wie Advanced UniByte, EUROstor, N-Tec, RNT Rausch, Starline Computer oder Thomas-Krenn agieren ebenfalls unter den Radar der weltweiten Analysten, obwohl ihre Lösungen speziell die Anforderungen des deutschen Mittelstands sehr passgenau erfüllen.

Weiterführende Links:

Karl Fröhlich, speicherguide.de
Karl Fröhlich, speicherguide.de

Karl

Fröhlich

speicherguide.de -

Chefredakteur

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