Interview mit IBM: Trend »weg vom Tape« wurde sogar umgedreht
Sind angesichts des rasanten Datenwachstums die bekannten Backup-Strategien vergangener Tage passe? Oder genügt es, bekannte Backup-Strategien lediglich anzupassen?
Josef Weingand, Business Development Leader für Data Protection & Retention, IBM DeutschlandWeingand: Bereits in den letzten Jahren hat sich die Backup-Strategie geändert, indem immer mehr FlashCopy-/Snapshot-Backups als erste Stufe des Backups eingesetzt werden – besonders bei großen Datenmengen, um die bestehenden RTO einzuhalten. Das ersetzt aufgrund der geringeren Datensicherheit nicht das klassische Backup/Restore und die Disaster-Recovery-Vorsorge. Backup muss eine hohe Datensicherheit gewährleisten, deshalb werden Data-Protection-Verfahren mit klassischen Backup-Ansätzen kombiniert. Hier ist der Trend »weg vom Tape« aufgrund der Kostenvorteile, der Datensicherheit, der Geschwindigkeit und besonders aufgrund der großen Speicherdichte auch im Vergleich zu den Festplatten gestoppt bzw. sogar umgedreht worden. Die 220-TByte-Demonstration von IBM zeigt das große Potenzial von Tape auf, und immer mehr Kunden erkennen wieder den Mehrwert von Tape, besonders aufgrund des großen Datenwachstums und der Verringerung der Kapazitätssteigerung in der Festplatten-Technologie.
Müssen evtl. vollkommen neue Backup-Strategien, -Philosophien, -Strukturen oder gar -Architekturen entwickelt werden?
Tape als Ausweg: Datenwachstum überholt Festplatten-Kapazitätssteigerungen (Grafik/Quelle: Tape)Weingand: Hauptproblem ist oftmals das Source-System, also das System von dem die Daten gesichert werden sollen. Diese sind nicht performant genug, um die Daten für das Backup schnell genug zu lesen. Da hier der Trend in Richtung Flash-Systeme geht, also weg von den langsamen Festplatten hin zu Flash-Speichern, wird auch das Backup hiervon profitieren. Da Backup ein »Sicherheitssystem« für die Unternehmensdaten sind, muss das Hauptziel Datensicherheit für möglichst alle Fehlerfälle und Desaster im Vordergrund bleiben. Neue Strategien und Strukturen können nur in Verbindung mit klassischen Backup-Verfahren, die hohe Datensicherheit gewährleisten, etabliert werden.
Woran sollten Administratoren in den Unternehmen arbeiten, um ihr Backup für den weiterhin tobenden Daten-Tsunami fit zu halten?
Weingand: Backup-Administrationen sollen frühzeitig in der Designphase für neue Storage- und Applikationsumgebungen eingebunden werden, damit frühzeitig notwendige Architekturen bezüglich Backup mitbetrachtet und etabliert werden können. Oftmals werden neue Umgebungen aufgebaut, und erst wenn diese in Produktion gehen nach Backup gefragt, was sich dann nur noch schwer etablieren lässt. Um die Kosten aber auch die Performance im Griff zu halten, sind hybride Storage-Architekturen aus Flash, Disk und Tape sinnvoll. Dabei müssen Backup-Administratoren auf eine effiziente Datenklassifizierung achten, damit die richtigen Backup-Daten auf den richtigen Storage mit einer sinnvollen Verweildauer gelagert werden.
Disk-Backup-Systeme haben die Sicherung deutlich beschleunigt, trotzdem wird immer noch mehr Leistung benötigt. Wie sieht aus Ihrer Sicht ein möglichst performanter Backup-Ansatz aus (Stichwort Caching)?
Disk-Backup-Systeme (Purpose-built backup appliances = PBBA) beschleunigen nicht mehr das Backup (Bild: IBM)Weingand: Heutzutage beschleunigen Disk-Backup-Systeme (Purpose-built backup appliances = PBBA) nicht mehr das Backup, und sind höchstens noch bei kleinen Files sinnvoll. Da meist die erste Stufe des Backups als FlashCopy/SnapShot vorliegt (Data-Protection) und dann oftmals als großes Image in das klassische Offline-Backup in schnellen Streams überführt wird, sind Disk-Backup-Systeme überfordert. Hier bieten sich besonders die neuen schnellen Tape-Laufwerke mit über 700 MByte/s pro Laufwerk an.
Auch im Backup-Bereich werden Disk-Systeme nun durch die wesentlich schnelleren Flash-Systeme abgelöst. Diese dienen dann oft als Cache, bevor die Daten in größter Performance auf Tape ausgelagert werden. Die Kombination aus Flash und Tape wird mittlerweile »Flape« genannt.
Haben Sie ein besonderes Best-Practise-Beispiel aus dem Backup-Bereich, das Sie beeindruckt hat?
Weingand: Ein großes Unternehmen mit ca. 300 TByte täglicher Sicherungsmenge hat sich gegen Disk-Backup entschieden, und setzt auf Flape aufgrund der Performance und der Kosten.
Wie sieht aus Recovery-Aspekten ein möglichst perfekter Mix aus, um größere Datenmengen wieder herzustellen?
Weingand: Die Kombination aus FlashCopy/Snapshot-Backups mit Instance-Recovery-Möglichkeiten führt zu schnellsten Recovery-Zeiten. Bei riesigen Datenmengen (Big Data, Data-Warehouses etc., zum Beispiel 50-TByte-Datenbank) sind die Full-Backups auf mehrere hochperformante Tape-Drives verteilt und die Recovery-Logs bzw. Incremental-Backups auf schnellen Flash-Speichern vorzuhalten.
Die Cloud wird – vor allem von Cloud-Anbietern – als neue Auslagerungsalternative für Backup-Daten, Archivierung und Replikation propagiert. Wie sehen Sie diesen Ansatz? Ist das die Zukunft? Auch für große Enterprise-Organisationen mit richtig großen Datenbeständen?
Weingand: Bei kleineren Datenmengen im Consumer- oder SOHO-Bereich kann Cloud-Speicher eine interessante Alternative darstellen, falls der Datenschutz gewährleistet wird. Die größte Herausforderung bei Cloud-Speichern ist das Transfervolumen. Während des Backups können intelligente Verfahren wie Incremental, Block-Incremental oder Data-Deduplication helfen. Beim Restore kann allerdings oftmals sogar ein Snail-Mail-Restore schneller sein als der Restore bzw. der Transfer vom Cloud-Speicher.
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