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Alle gegen Symantec »Backup Exec«

Das Backup-Software-Haus Symantec hat derzeit eine klaffende offene Flanke, die die Konkurrenten weidlich ausnutzen: Für das millionenfach verkaufte Produkt »Backup Exec« gibt es noch keine Unterstützung für »Windows Server 2012 R2«. Die Branche rätselt: Lässt Symantec die Backup-Exec-Linie zugunsten dem umfangreicheren »NetBackup« auslaufen?

Von Engelbert Hörmannsdorfer

Symantec avisiert »Windows Server 2012 R2«-Unterstützung für Ende Q2/Anfang Q3 2014. (Bild: Symantec Support Blog)
Symantec avisiert »Windows Server 2012 R2«-Unterstützung für Ende Q2/Anfang Q3 2014. (Bild: Symantec Support Blog)
Lange Zeit war »Backup Exec« vom Software-Haus Symantec der gesetzte Standard bei Backup-Projekten in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Wer bis zu 100 Server im Netzwerk sichern wollte, ohne sich dabei an einen spezifischen Hardware-Hersteller zu binden, nahm Backup Exec in die engere Auswahl. Viele Systemhäuser wurden zu zertifizierten Vertriebspartnern und akzeptierten sogar eine irritierende Lizenzierungspolitik, die keine langfristige Budgetplanung zuließ.

Doch irgendwie ist in der Produktstrategie für Backup Exec der Wurm drin. Management-Probleme bei Symantec (viele CEO-Wechsel in den letzten Jahren) sowie die Verlagerung des deutschsprachigen Supports nach Indien sorgten bereits hierzulande für Irritationen unter deutschen Anwendern.

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»Backup Exec 2012« unterstützt immer noch nicht »Windows Server 2012 R2«

Doch die Krönung ist: Für die aktuellste Version, die vor rund zwei Jahren vorgestellte »Backup Exec 2012« – die übrigens parallel mit »NetBackup 7.5« angekündigt wurde –, gibt es immer noch keine Unterstützung für Microsoft »Windows Server 2012 R2«. Dabei unterstützt praktisch die gesamt Backup-Konkurrenz diese Version inzwischen, teilweise schon über einem Jahr. Dies resultierte bereits in Abstrichen beim Backup-Exec-Geschäft: Laut Geschäftsbericht für das Fiskaljahr 2013 verzeichnete Symantec im Bereich der Backup-Exec-Angebote einen Umsatzrückgang von 80 Millionen US-Dollar.

Und es dürfte munter so weiter gehen. Sogar Symantec erwartet im laufenden Fiskaljahr 2014, das Ende März endet, erneut einen Umsatzrückgang um drei bis vier Prozent. »NetBackup«, die kostspieligere Alternative aus dem Hause Symantec, verzeichnete dagegen ein Wachstum von zehn Prozent, und steht bei Symantecs Management anscheinend als langfristig wichtigeres Produkt im Fokus.

Im offiziellen Support-Blog von Symantec wird die Windows-Server-2012-R2-Unterstützung für Ende Q2/Anfang Q3 2014 avisiert. Die Antworten darunter von Anwendern reichen von süffisant bis dramatisch. »Gibt es einen Platz, wo man über die schlechteste Firma des Jahres abstimmen kann?«, frägt User »mrtflv« lakonisch. Und »playpiano«, der als Partner anscheinend noch kurz vorher etliche seiner Kunden zu einer Maintenance-Vertragsverlängerung mit Symantec bewog, schimpft: »Ihr habt uns in eine unmögliche Situation gebracht.« In den diversen Support-Foren, vor allem bei dem in den USA sehr beliebten »SpiceWorks«, verweist beispielsweise das US-Backup-Software-Haus Unitrends genüsslich darauf, dass ihre Backup-Lösung die Microsoft-Version schon längst unterstützt, und dass es auch eine vollumfänglich lauffähige Testversion gibt.

Smantec verlor innerhalb eines Jahres eine Million Backup-Exec-Kunden

Der US-Blog VBSCS (Virtualization Backup Storage Cloud Startups) schreibt dazu, dass Symantec bei Backup Exec rund eine Million Kunden von ehemals rund drei Millionen Anwendern innerhalb eines Jahres verloren hat. Das tut weh – erfreut freilich auf der anderen Seite die Konkurrenten.

Denn wenn Backup Exec tatsächlich rund eine Million Anwender verloren hat – und offensichtlich noch weiter verliert –, ist das natürlich ein gefundenes Fressen für Konkurrenten. Selbst Krümel, die ein Marktgigant wie Symantec verliert, sind für kleinere Marktverfolger erkleckliches Neugeschäft.

Novastor lockt verunsicherte Backup-Exec-Partner

Die Novastor-Backup-Familie unterstützt vollumfänglich »Windows Server 2012 R2«. (Bild: Novastor)
Die Novastor-Backup-Familie unterstützt vollumfänglich »Windows Server 2012 R2«. (Bild: Novastor)
Konkurrent NovaStor beispielsweise – bekannt für ihre »NovaBackup«-Produktfamilie –, versucht es derzeit richtig aggressiv. Kurz vor der »CeBIT 2014« stellte das Hamburger Software-Haus ein White-Paper für seine Partner zusammen: »10 Gründe, Symantec Backup Exec zu ersetzen«. Der Zuspruch auf der Messe sei enorm gewesen, bekundet Novastor-CEO Stefan Utzinger gegenüber speicherguide.de: »Solche handfesten Argumente saugt der Fachhandel regelrecht auf. Seit einem Jahr registrieren wir vermehrt Anfragen zu Migrationen von Backup Exec.«

Vor allem die Nichtunterstützung von Windows Server 2012 R2 ist für Novastor ein regelrechtes Geschenk. »Das zwingt Backup-Exec-Partner und -Kunden, jetzt bei Neuanschaffungen auf alte Technologie zu setzen«, erklärt Utzinger. Den Ankündigungen zufolge will Symantec mit der neuen Microsoft-Version zwar spätestens bis Anfang des dritten Quartals 2014 kompatibel sein. Aber bis dahin könnte seitens Microsoft schon Windows 9 nebst dazugehörigem Server-Betriebssystem anstehen – die Nachfrage dürfte sich erneut verlagern, und Symantec hinterherhinken.

In erster Linie empfiehlt Novastor aus seiner Produktfamilie das Netzwerk-Backup-Paket »NovaBackup DataCenter«, da es vor allem auf geringen Administrationsaufwand ausgelegt ist. So sollen sich mehrere Server in einem einzigen Backup-Auftrag sichern lassen, die Navigation führe Administratoren in kurzen Klickpfaden zum Ziel, und im laufenden Betrieb erfordere die Datensicherung aufgrund der hohen Stabilität und Automation kaum manuelle Eingriffe. Über Multistreaming als Standardfunktion sollen sich mit dem Paket zudem die Backup-Fenster verkürzen lassen.

Novastor-Support mit deutschsprachigen echten Support-Ingenieuren

Genüsslich verweist Utzinger auch darauf, dass Symantec letztes Jahr den Support größtenteils nach Indien verlagert hat. Das heißt: Hiesige Fachhändler bekommen überwiegend englischen Telefon-Support aus einem Call-Center zu unglücklichen Uhrzeiten. Anders dagegen bei einem deutschen Software-Haus mit Sitz in Hamburg: Hier wird Deutsch gesprochen, und das zu normalen Arbeitszeiten. »Und bei uns gibt es echte Support-Ingenieure«, betont Utzinger.

Abgesehen davon scheinen auch kleinere Systemhäuser bei Symantec nicht mehr wohl gelitten zu sein. Partner mit unter 100.000 Euro Jahresumsatz hätten bei Symantec »eigentlich keinen Status mehr«, meint Utzinger. »Uns interessieren aber auch Partner, die nur 5.000 bis 10.000 Euro machen.« Erst kürzlich hatte das F&M Computer Systemhaus die Schnauze voll von Symantec – und wechselte offiziell zu der für Hosting-Umgebungen konzipierten »NovaBackup DataCenter«-Variante. Darüber freut sich Utzinger: »Wir haben eine ganze Pipeline proppenvoll von solchen Wechselwilligen.«

SEP überstützt »Windows Server 2012 R2« seit über einem Jahr

Neben »Windows Server 2012 R2«-Unterstützung ist die Plattform-Vielfalt ein wesentliches Argument für »SEP sesam«. (Grafik: SEP)
Neben »Windows Server 2012 R2«-Unterstützung ist die Plattform-Vielfalt ein wesentliches Argument für »SEP sesam«. (Grafik: SEP)
Ähnlich schätzt man die Situation auch beim Weyarner Software-Haus SEP ein, das mit seiner Backup-Lösung »SEP sesam« gegen Backup Exec antritt. »Windows Server 2012 R2 unterstützen wir schon seit über einem Jahr«, erklärt Hubert Schweinesbein, Director Partner Sales EMEA bei SEP, im Gespräch mit speicherguide.de. Die aktuelle – für SEP positive – Situation kann er nur mit Süffisanz umschreiben: »Seit Backup Exec 2012 draußen ist, sind deren Anwender eine sehr attraktive Kundenzielgruppe für uns geworden.«

Warum Backup Exec die aktuelle Microsoft-Server-Version immer noch nicht unterstützt, ist Schweinesbein »ein absolutes Rätsel«. Freilich hat er eine Vermutung: »Wir hören von Kunden, dass sie zu Netbackup gedrängt werden sollen.« Aber dieses Produkt habe eine andere Architektur, sei wesentlich performanter, habe eine andere Lizenz-Struktur – und sei damit für die Anwender deutlich kostenintensiver.

Backup Exec ist vor allem gedacht für kleinere bzw. sogar für Single-Server-Umgebungen. Und damit prädestiniert für kleinere Rechenzentren von KMUs. Netbackup dürfte hier für viele Kunden zu überdimensioniert sein. »Freilich kann Netbackup alles das, was Backup Exec nicht kann«, bestätigt Schweinesbein. Aber es gebe eben sehr viele Kunden, die diese Features-Fülle nicht bräuchten.

»Competitive Comparison«-Flyer für SEP-Partner

SEP veranstaltete kürzlich seinen jährlichen Partner-Event am oberbayerischen Tegernsee – und Angriffsszenarien auf Backup Exec war eines der großen Themen. Für seine Partner hielt SEP einen dreiseitigen »Competitive Comparison«-Flyer bereit. Das sorgte für intensiven Gesprächsstoff.

Anwesend war unter anderem Gerald Gasperl vom IT-Services-Unternehmen Start IT Up aus Freilassing. Er betreut als Administrator unter anderem das Mozarteum im österreichischen Salzburg. Er bekundete, schon vor vier Jahren noch bei der Vorgängerversion von Backup Exec auf die SEP-Sesam-Lösung umgestiegen zu sein. »Es war vorher alles kompliziert, und erforderte viel Zeitaufwand«, erläutert Gasperl. Nachdem er auf SEP Sesam umgestiegen sei, sei der administrative Zeitaufwand, dem er dem Backup widmen musste, drastisch gesunken: »Das Backup funktionierte auf einmal ganz einfach – und ich hatte wieder Zeit, mich um andere Aufgaben zu kümmern.«

Ex-Symantec-CEO Stephen Bennett: Netbackup ist Schlüsselprodukt

Dass Symantec ihre Backup-Exec-Strategie anscheinend zugunsten von Netbackup überdenkt, scheint gemäß Äußerungen von Topmanagern offensichtlich zu sein. Symantec-CEO Stephen Bennett, der kürzlich geschasst wurde, bezeichnete letztes Jahr Netbackup als »eines der Schlüsselprodukte in der langfristigen Firmenstrategie«. Kein Wort dagegen zu den Aussichten von Backup Exec. Und auch Symantec-CFO James Beer meinte bei der Vorlage der letztjährigen Zahlen über das Sorgenkind des Unternehmens: »Backup Exec ist eine gewisse Herausforderung gewesen.«

Sollte Symantec tatsächlich Backup Exec zugunsten von Netbackup aufgeben – macht nichts, viele kleinere Softwarehäuser freuen sich darüber, und nehmen den Ball des verwaisten Backup-Kinds auf.

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