EU-Data-Act naht – und viele Unternehmen bleiben untätig
Eine Bitkom-Studie offenbart: Nur eine Minderheit der Unternehmen ist auf den EU-Data-Act vorbereitet. Die Umsetzung ist komplex, Ressourcen knapp, und es fehlt an Unterstützung durch die Politik. Gleichzeitig wächst das Interesse an datenbasierten Geschäftsmodellen und Marktplätzen – doch viele Unternehmen agieren noch zögerlich.
Ab dem 12. September 2025 gilt der EU Data Act verbindlich – doch laut einer aktuellen Bitkom-Erhebung unter 605 Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitenden herrscht vielerorts noch Stillstand. Gerade einmal ein Prozent der befragten Unternehmen hat die Vorgaben bereits vollständig umgesetzt, weitere vier Prozent zumindest teilweise. Zehn Prozent befinden sich in der Anfangsphase, während 30 Prozent bislang keinerlei Schritte eingeleitet haben. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) geht sogar davon aus, vom Data-Act gar nicht betroffen zu sein.
»Der Data Act betrifft so gut wie jedes Unternehmen, aber die meisten haben sich damit noch gar nicht ernsthaft befasst«, mahnt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. Er warnt vor einer Wiederholung des DSGVO-Szenarios, das in vielen Betrieben zu Unsicherheiten und Innovationshemmnissen geführt habe.
Umsetzung als Belastung – fehlende Ressourcen und Unsicherheit
Dr. Ralf Wintergerst, BitkomDer Data-Act umfasst weitreichende Regelungen, etwa zum Anbieterwechsel bei Cloud-Diensten oder zu Rechten an Daten aus vernetzten Geräten. Die Umsetzung gestaltet sich jedoch komplex: 32 Prozent der betroffenen Unternehmen berichten von einem sehr hohen, 34 Prozent von einem eher hohen Aufwand. Drei Viertel geben an, dass ihnen dadurch Zeit für Innovationsprojekte fehlt. Zudem fühlen sich neun von zehn Unternehmen durch die Vielzahl neuer regulatorischer Anforderungen überfordert.
Der Ruf nach politischer Unterstützung ist laut: 90 Prozent fordern klare und zugängliche Beratung, bislang sei selbst unklar, welche Behörde die Umsetzung überhaupt beaufsichtigt. Für Wintergerst steht fest: »Nicht nur die Unternehmen, auch die Politik muss beim Data-Act ihre Hausaufgaben machen.«
Wirtschaft im Wandel: Daten als künftiger Erfolgsfaktor
Parallel dazu wächst das strategische Interesse an Daten. Schon heute profitieren 27 Prozent der Unternehmen spürbar von datengetriebenen Geschäftsmodellen – innerhalb von zwei Jahren soll dieser Anteil auf 47 Prozent steigen. Der Anteil derer, die sich beim Thema Datenwirtschaft abgehängt fühlen, ist binnen eines Jahres von 19 auf zwölf Prozent gesunken. Immer mehr Unternehmen erkennen offenbar den Wert ihrer Datenbestände – auch wenn nur 7 Prozent angeben, das vorhandene Potenzial bereits voll auszuschöpfen.
Datenmärkte auf dem Vormarsch
Das Geschäft mit Daten dürfte in den kommenden Jahren deutlich zulegen. Derzeit kaufen 41 Prozent der Unternehmen Daten auf entsprechenden Marktplätzen ein, 16 Prozent bieten selbst Daten an. Beide Anteile sollen laut Umfrage deutlich steigen – auf 75 beziehungsweise 59 Prozent. Allerdings hemmen datenschutzrechtliche Bedenken, rechtliche Unsicherheiten und technische Hürden weiterhin den Austausch.
Datenräume: Chancen ja, Nutzung eher zögerlich
Bekannte Datenräume sind beispielsweise Catena-X im Automotive-Bereich oder Manufacturing-X für die industrielle Lieferkette. Solche Datenräume werden aktuell allerdings nur von neun Prozent der Unternehmen genutzt. Weitere 18 Prozent planen den Einstieg, 22 Prozent diskutieren intern. Für ein Drittel ist das Thema jedoch noch irrelevant oder unbekannt. Immerhin 58 Prozent sehen in Datenräumen eine wichtige Voraussetzung für den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig wünschen sich viele Unternehmen eine stärkere politische Förderung und beklagen zu hohe Komplexität.
Unternehmen beziehen vielfältige Daten – und brauchen noch mehr
Dabei greifen viele Unternehmen bereits heute auf das Daten-Angebot Dritter zu. So nutzen 76 Prozent auf diese Weise bezogene Marktdaten, 66 Prozent Kunden- und Kontaktdaten. Dahinter folgen Geodaten (46 Prozent) und Daten aus den Bereichen Verwaltung (39 Prozent), Finanzen und Wirtschaft sowie Mobilität (je 38 Prozent), Social-Media (28 Prozent), Technologie (27 Prozent), Umwelt- und Wetter (26 Prozent), Maschinen (24 Prozent) und Gesundheit (5 Prozent). Fragt man die Unternehmen, welche Daten ihnen fehlen, so liegen Social-Media-Daten vorne (39 Prozent), gefolgt von Verwaltungsdaten (27 Prozent), Kunden- und Kontaktdaten (25 Prozent), Finanz- und Wirtschaftsdaten (24 Prozent), Technologiedaten (22 Prozent), Geodaten (19 Prozent), Umwelt- und Wetterdaten sowie Maschinendaten (je 18 Prozent), Gesundheitsdaten (14 Prozent), Marktdaten (13 Prozent) und Mobilitätsdaten (12 Prozent).
»Wir brauchen funktionierende Datenmarktplätze, damit Unternehmen jene Daten beziehen können, die sie benötigen«, fordert Wintergerst. »Auch die öffentliche Hand ist aufgerufen, Daten zur Verfügung zu stellen. Die verantwortungsvolle Nutzung von Daten schafft wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mehrwert, auf den wir nicht verzichten dürfen.«
Fazit: Aufwachen ist angesagt
Die Umfrage zeigt: Während viele Unternehmen die Potenziale datengetriebener Modelle erkennen, mangelt es noch an Umsetzung, Ressourcen und Rechtssicherheit. Der Data Act könnte hier zum Treiber oder Bremser werden – entscheidend wird sein, wie konsequent Politik und Wirtschaft gemeinsam handeln. Denn feststeht: Wer Daten effizient nutzen will, muss heute die Weichen dafür stellen.