Trend Micro: Fake-News buchen – kostet nur eine Handvoll Rubel

Ein Bericht von Trend Micro enthüllt ein florierendes Online-Geschäft mit Fake-News. Eine einjährige Kampagne zur Beeinflussung von Wahlen kostet nur 400.000 US-Dollar. Ein einzelner Kommentar unter einem Posting ist für 2 Cent haben.

Für eine Handvoll Rubel, oder US-Dollar, oder chinesische Renmimbi – im Internet hat sich ein florierendes Online-Geschäft mit Fake-News etabliert. Ein Bericht des Security-Unternehmens Trend Micro enthüllt: Eine einjährige Kampagne zur Beeinflussung von Wahlen ist schon für nur 400.000 US-Dollar zu haben.

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Studie: So wird das Internet mit käuflichen Fake-News zur Propaganda-Maschine (Bild: Trend Micro)Studie: So wird das Internet mit käuflichen Fake-News zur Propaganda-Maschine (Bild: Trend Micro)Möchten Sie, dass irgendjemand einen fingierten Kommentar unter einem Youtube-Video hinterlässt – zum Beispiel bei einem Video von Bundeskanzlerin Angela Merkel? Beispielsweise mit dem manipulativen Text »Dafür müsste Merkel vor Gericht gestellt werden«? So etwas kostet einen Rubel und 60 Kopeken, das sind umgerechnet etwa zwei Cent. Möchte Sie es ganz intensiv? Einen ganzen Myriade von Fake-News, die auch noch kommentiert und massenhaft geteilt und erneut kommentiert werden? Sie könnten sogar ganze Wahlen manipulieren lassen – eine einjährige Kampagne zur Beeinflussung von Wahlen ist schon für nur 400.000 US-Dollar zu haben, deckt jetzt erstmalig ein Bericht des Security-Unternehmens Trend Micro auf.

Der jetzt veröffentlichte umfassende Bericht erklärt auf 81 Seiten die Vorgehensweise zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Diese beginnt mit dem Auskundschaften der Zielgruppe und der Vorbereitung und Nutzbarmachung einer gefälschten Meldung. Darauf folgt die Verbreitung und Instrumentalisierung in sozialen Netzwerken. Danach wird die Falschmeldung durch zusätzliche Propaganda-Maßnahmen künstlich am Leben erhalten. Und ganz pervers: Am Ende dieses Kreislaufes wird die Öffentlichkeit oft gezielt durch ein neues Thema abgelenkt, wodurch ein neuer Fake-News-Zyklus beginnt.

So funktioniert das Fake-News-Ökosystem im Untergrund

Preisliste der russischen Fake-News-Service-Site SMOfast (Bild/Quelle: Trend Micro)Preisliste der russischen Fake-News-Service-Site SMOfast/SMOService (Bild/Quelle: Trend Micro)»Da Fake-News zunehmend verbreitet sind, fangen die Menschen an, sich zu fragen, inwieweit ihre Entscheidungen und Einstellungen zu politischen Kampagnen wie Wahlen unterschwellig beeinflusst wurden«, sagt Bharat Mistry, Principal Security Strategist bei Trend Micro. »Unser Bericht untersucht, wie ein Ökosystem im Untergrund Fake-News produziert, sie auf dem Schwarzmarkt anbietet und dort zu Geld macht. Seitdem Fake-News als Dienstleistung angeboten werden ist es einfacher als je zuvor, soziale Netzwerke und andere Online-Plattformen zu manipulieren und darüber die öffentliche Meinung zu beeinflussen.«

Der Bericht deckt zahlreiche Seiten im Darknet auf, die Fake-News als Dienstleistung anbieten. Diese bauen oft auf bewährten Tricks auf, wie »Black Hat SEO« (missbräuchliche Suchmaschinenoptimierung), Klickbetrug und Bot-Traffic (von automatisierten Programmen erzeugter Besucherverkehr auf Internetseiten). Die Seiten, auf denen diese Dienstleistungen angeboten werden, bieten ihren Kunden Anonymität, egal ob es sich dabei um Personen, Organisationen oder staatliche Akteure handelt, die die öffentliche Meinung beeinflussen wollen.

Diskreditierung eines Journalisten gewünscht? Kostet 55.000 US-Dollar

Fake-News rund um das Manchester-Bombenattentat zum Diskreditieren einer Journalistin: sie sei angeblich getötet worden (Bild: Trend Micro)Fake-News rund um das Manchester-Bombenattentat zum Diskreditieren einer Journalistin: sie sei angeblich getötet worden (Bild: Trend Micro)Der Bericht skizziert anhand echter Angebote, wie man zum Beispiel für 200.000 US-Dollar eine Kampagne kaufen kann, die öffentliche Proteste auslösen soll. Das Erschaffen einer prominenten Kunstfigur mit 300.000 Followern ist bereits für US-2.600 Dollar zu haben.Die Diskreditierung eines Journalisten kann für 55.000 US-Dollar erworben werden.

Dies passierte einer mexikanischen Journalistin, die unter anderem über die Drogenmafia in Mexiko recherchierte. Zum Diskreditierungsprogramm zählte beispielsweise ein gefaktes Foto von angeblich 20 getöteten Personen beim Manchester-Bombenanschlag vor wenigen Wochen. Auf diesem Personenfoto war die Journalistin abgebildet, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht mal in England war. Aber es folgte anschließend ein bewusstes Teilen der gefälschten Bilder von Opfern des Attentats.

Gefakte »Nachrichtenportale« verlinken wechselseitig auf Fake-News-Beiträge

Hier können Sie Ihre eigenen »Breaking News« generieren, und natürlich verteilen (Bild: Trend Micro)Hier können Sie Ihre eigenen »Breaking News« generieren, und natürlich verteilen (Bild: Trend Micro)Die Fake-News-Offerten enthalten üblicherweise folgende Dienstleistungen: Anlegen gefälschter Profile und Gruppen in sozialen Netzwerken, Entwicklung der gefälschten Inhalte (»Fake News«) und die Erzeugung von Likes und Retweets für eine rasante Verbreitung. Sogar die Errichtung täuschend echter Nachrichtenseiten gehört zum Repertoire der Kriminellen. Gegen eine Extragebühr können auch mehrere gefakte »Nachrichtenportale« gekauft werden, die gegenseitig auf ihre Beiträge verlinken, und den Fake-News dadurch erst den richtigen den Anschein von Authentizität verleihen.

Der Bericht geht zudem auf regionale Unterschiede im Angebot für Fake-News zwischen China, Russland, dem Nahen und Mittleren Osten und dem englischsprachigen Raum ein. So können in China zum Beispiel gefälschte Online-Meldungen bereits für 100 Chinesische Yuan (ca. 13 Euro) erworben werden. In Russland kann man ein Youtube-Video für 35.000 Rubel (ca. 545 Euro) zwei Minuten lang auf der Youtube-Startseite platzieren.

Startseite von Youtube – warum es ein begehrter Startpunkt einer Fake-News-Kampagne ist

Preisliste der russischen Fake-News-Service-Site SMOfast/SMOService zum Promoten von Youtube-Videos (Bild/Quelle: Trend Micro)Preisliste der russischen Fake-News-Service-Site SMOfast/SMOService zum Promoten von Youtube-Videos (Bild/Quelle: Trend Micro)Die Hauptseite von Youtube ist in diesem Zusammenhang nahezu immer ein zentrales Thema einer Fake-News-Kampagne. Denn es ist ein enorm zentraler Ort des Internets. In zwei Minuten würden zehntausende Menschen beispielsweise ein Video sehen, in dem suggeriert wird, dass ein Asylant ein minderjähriges Mädchen vergewaltigt hat. Natürlich würden es viele in sozialen Netzwerken ihren Freunden zeigen. Und was ist, wenn jemand zwanzig gefakte Videos für zwei Minuten kauft: Das könnte reichen, um im Schneeballsystem des Internets und der sozialen Medien eine Lawine der Aufmerksamkeit zu schaffen.

Der Bericht beschreibt ebenfalls die Verbreitung von Fake-News durch Individuen in sozialen Medien, Abschließend gibt der Bericht Hinweise für Nutzer, wie sie dazu beitragen können, die Auswirkungen von Fake-News zu verringern. Dazu gehört die Überprüfung von Schlagzeilen und Nachrichten durch Gegenkontrolle bei renommierten Medienhäusern, die Recherche der genannten Autoren sowie das Lesen von Artikeln über die Schlagzeile hinaus.

Fazit: So könnte das Geschäftsmodell der Manipulatoren in sich zusammenbrechen

Fazit von Mistry: »Wir möchten die Öffentlichkeit darüber aufklären, wie einfach die öffentliche Meinung manipuliert werden kann und hoffen, dass die Menschen dadurch gegen derartige Methoden resistenter werden.«

Also Augen auf: Würden Internetnutzer sich gelegentlich die Frage stellen, ob ein Artikel aus einer seriösen Quelle stammt oder nicht, würde das Geschäftsmodell der Manipulatoren relativ schnell in sich zusammenbrechen. Wenn Internetnutzer nämlich mehr als nur die Überschrift eines Artikels lesen, bevor sie ihn in sozialen Netzwerken weiterempfehlen, würde schon viel des Fake-News-Geschäftspotenzials in sich zusammenfallen.

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