Was sagt DWPD über SSDs aus?

Im Zusammenhang mit (Enterprise-)SSDs wird oft die Qualitätsgröße DWPD (Drive Writes Per Day) genutzt. Meist wird die Angabe auch für einen Zeitraum von fünf Jahren spezifiziert. Was sagt DWPD genau aus und mit welcher Standard-Lebensdauer darf man rechnen?

Leserfrage: Immer öfter lese ich, vor allem im Zusammenhang mit Enterprise-SSDs, über die Qualitätsgröße DWPD (Drive Writes Per Day, manchmal auch Diskful Writes Per Day). Meist wird die Angabe – man liest oft von fünf bis zirka 25 DWPDs – auch für einen Zeitraum von fünf Jahren spezifiziert. Was sagt DWPD genau aus, und wo liegen die Unterschiede zu Consumer-SSDs?

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Update [Erstveröffentlichung 09.01.2015]: Zur Antwort von Doc Storage hat uns eine Verständnisfrage erreicht:

1. Es scheint weit über der Norm zu sein, eine Standard-Lebensdauer von 700.000 Stunden anzunehmen, da dies rund 79,9 Jahren entspricht.

2. Die Annahme das nur 20 Prozent aller I/Os Writes wären, muss für Write-Intense-Applications keineswegs gültig sein, und verwirrt im Zusammenhang mit der Erklärung der DWPD mehr, da es damit eigentlich nichts zu tun hat.

Antwort Doc Storage:

DocStorage2014 thumb

Drive-Writes-Per-Day beschreiben, wie oft eine Festspeicherplatte pro Tag in ihrem vom Hersteller geschätzten technischen Leben in ihrer vollen Kapazität überschrieben werden kann. Mit Hilfe dieses Wertes lässt sich die Lebensdauer von SSDs neutral miteinander vergleichen. Je höher der Wert für DWPD liegt, als desto haltbarer kann dieses Medium gelten. Dies ist ein noch etwas genauerer Wert als TBW (»Terabytes Written«), der lediglich pauschal angibt, welche Kapazität während der Lebensdauer eines Laufwerkes insgesamt beschrieben werden kann.

Allerdings gibt es auch hier einige Relativierungen, die auch die Brauchbarkeit DWPD-Wertes einschränken. Ein Rechenbeispiel soll hier helfen: Kann eine Enterprise-SSD laut Hersteller-Angaben verlässlich rund fünf Mal pro Tag vollständig beschrieben werden, sind dies bei einem 500-GByte-Laufwerk beispielsweise 2,5 TByte pro Tag. Bei einem (schon hoch angesetzten) Schreibanteil von 20 Prozent bei allen I/Os bedeutet dies einen gesamten Datentransfer von 12,5 TByte von und zu diesem Laufwerk (145 MByte/s) und dies ständig, 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche. Umgerechnet auf eine Standard-Lebensdauer von 700.000 Stunden ergibt dies 146.000 volle Schreibvorgänge vor dem Ausfall des Mediums.

Im Vergleich dazu geben die meisten Hersteller für Consumer-SSDs einen Wert von maximal zwei DWPD an. Nimmt man für Consumer-Umgebungen den gleichen Schreibanteil von 20 Prozent an, ergibt sich ein maximaler täglicher Datentransfer von lediglich fünf TByte, also rund 58 MByte/s. Umgerechnet auf die Laufzeit von im Consumer-Segment üblichen rund 500.000 Stunden ergibt dies knapp 42.000 mögliche volle Schreibvorgänge. Erhöht sich allerdings der Schreibanteil oder die tägliche Datentransferrate, so verringert sich dieser Wert entsprechend.

Man sieht an diesen Werten, dass Enterprise-SSDs rund die dreifache Lebensdauer im Vergleich zu Consumer-Laufwerken zeigen. Damit begründet sich auch (noch) der entsprechend höhere Preis. Bewegt sich im heimischen Umfeld die Schreibraten unter den hier angenommenen 20 Prozent, lässt sich die Lebensdauer einer preiswerteren SSDs mit Leichtigkeit verdoppeln wenn nicht sogar verdreifachen.

Update zur zweiten Leserfrage

1. Die Annahme von 700.000 Stunden beruht auf der Garantie der Hersteller, wie lang das Medium an sich genutzt werden kann (wobei natürlich die fast 80 Jahre auch nur eine theoretische Annahme sein können). Diese liegt abhängig vom Anbieter zwischen zwei und zehn Jahren, was bereits 17.532-87.660 Stunden entspricht. Dies gilt für die gesamten Laufwerke, also immer inklusiv Medium, Controller etc. Die Lebensdauer der Medien an sich wird hauptsächlich nicht zeitlich, sondern durch die Art und die Anzahl der Schreibzugänge vom angeschlossenen Rechner begrenzt.

Funktionsweise einer SSD

Um die tatsächliche Lebensdauer einer SSD zu verstehen, müssen wir uns deren Funktionsweise anschauen.

Ein flash-basierter Speicher wird in sogenannten »Pages« gelesen und geschrieben. Während ein Lesekommando die Daten über den Controller lediglich ausliest, löst ein Schreibbefehl zunächst ein Lösch- und dann ein Schreibkommando aus. Nur solch ein Schreibvorgang hat Einfluss auf die Lebensdauer einer Speicherzelle.

Die heutigen SSD-Medien bestehen entweder aus Zellen mit nur einem Inhalt (single level cell, SLC) oder solchen mit mehreren Inhalten (multi level cell, MLC). In SLCs befindet sich jeweils nur eine Information, 0 oder 1, hier werden daher nur zwei unterschiedliche Spannungszustände benötigt. In MLCs werden zwei oder mehr Informationen gehalten, für zwei werden also vier Spannungszustände benötigt (00, 01, 10 und 11). Sollen die Zellen mehr Informationen enthalten, steigt die Anzahl der benötigten Spannungszustände entsprechend an. Die Abnutzungsraten bei SLC und MLC sind grundsätzlich gleich, allerdings müssen bei MLCs wesentlich mehr Zustände lesbar sein, und damit steigt dieser Wert signifikant an. Erste Versionen kamen noch mit einer Schreibrate von 10.000 oder sogar mehr Zyklen, heutige Medien bieten lediglich 5.000 oder weniger. Für SLCs kann je nach Hersteller eine Schreibrate von 100.000 oder mehr angenommen werden, allerdings gibt es heute auch schon Angebote im Niedrigpreissektor mit nur 75.000 bis 50.000 Schreibzyklen.

Herstellerunabhängige Berechnung von Flash-Medien

Zur herstellerunabhängigen Berechnung der tatsächlichen Lebensdauer des Flash-Mediums hat das Normungsgremium JEDEC (Joint Electron Device Engineering Council Solid State Technology Association) die Spezifikationen JESD218 (Solid-State Drive Requirements and Endurance Test Method) und JESD219 (Solid State Drive Endurance Workloads) entwickelt. Diese enthalten neben der Kapazität einer SSD die Art der Anwendungen, die Rate der Haltbarkeit und andere Parameter wie das Verhältnis von sequentiellen und Zufallsoperationen oder die Größe der Datentransfers. Die Beschreibung der Verfahren hat Alvin Cox von Seagate beispielsweise in zwei JEDEC-Präsentationen zusammengefasst: SSD Specifications Explained und SSD Endurance Workloads.

Allerdings handelt es sich hierbei momentan nur um Tests für SSDs im Enterprise-Umfeld, also für Server-Systeme. Solche für Clients, also Desktops und Laptops, sollen in diesem Jahr folgen. Die Ergebnisse dieser Methoden sollen zukünftig in die technischen Angaben aller Hersteller einfließen, so dass ein tatsächlicher Vergleich der Laufwerke endlich möglich wird. Für den persönlichen Gebrauch ist ein gut geeigneter Kalkulator für DWPD, TBW, PBW, GByte/Tag hier auf wintelguy.com zu finden:.

2. Die Annahme von 20 Prozent Anteil von Schreibvorgängen bei allen Transfers ist ein Daumenwert (wie ich auch immer wieder betone). Es gibt natürlich Anwender (und Anwendungen), die einen sehr hohen Schreibanteil haben und damit das SSD-Medium wesentlich höher belasten als andere, deren Schreibanteil darunter liegt. Allerdings hat dies schon etwas damit zu tun, wie viele Schreibvorgänge pro Tag (drive writes per day, DWPD) stattfinden.

Für eine grobe Orientierung bieten (fast) alle Hersteller von SSDs entsprechende Software-Werkzeuge an, um sich ab und an über die Qualität und die noch zu erwartende Lebensdauer der Medien zu informieren.

Gruß
Doc Storage

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