Green IT in der Wirtschaftskrise – Teil 2

Wolfgang SchwabWolfgang Schwab über Maßnahmen, die gerade wegen der Krise direkt angegangen werden sollten. Dieses Mal: Das Rechenzentrum

Wenn von Green IT gesprochen wird, wird häufig implizit vom Rechenzentrum gesprochen und dort meistens von der IT-Infrastruktur. Wenn man die konkreten Energieverbräuche betrachtet, so wird schnell klar, dass neben der IT-Infrastruktur auch die Bereiche Klimatechnik und USV-Anlagen betrachtet werden müssen. Insbesondere im Bereich Klimatechnik gibt es einfache Ansätze, mit deren Hilfe Unternehmen praktisch ohne Investitionen deutlich Energie einsparen können.

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Im Rechenzentrumsumfeld stellt sich für viele CIOs jedoch die Frage, wo sie mit ihren Green IT Überlegungen beginnen sollen. Eine Möglichkeit der Priorisierung ist die Betrachtung des Energiebedarfs im Rechenzentrum (vgl. Bild 1).

Hier zeigen sich 3 Hauptverbrauchergruppen:

  • Klimatechnik mit einem Anteil von zusammen 45 Prozent des gesamten Energiebedarfs des Rechenzentrums,
  • IT-Ausrüstung, d.h. Server, Storage und Netzwerk, mit einem Anteil von „nur“ 30 Prozent,
  • und die USV-Anlagen mit einem Anteil von immerhin 18 Prozent.


Die übrigen Bereiche spielen eine eher untergeordnete Rolle. Entsprechend empfiehlt Wolfgang Schwab, Senior Advisor der Experton Group auch zunächst die wichtigsten 3 Themenkomplexe zu adressieren.

Bevor jedoch einzelne Rechenzentren optimiert werden, sollte die Anzahl der betriebenen Rechenzentren auf ein notwendiges Maß reduziert werden. Die in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts propagierte Dezentralisierung von Rechenzentren, die damals aufgrund der hohen TK-Kosten und nur eingeschränkt verfügbaren Bandbreite richtig war, ist heute überholt und führt zu unnötig hohen Kosten in den Bereichen Facilities, IT-Betrieb und Energie. Andererseits ist der einfache Umzug von IT-Equipment in ein zentrales Rechenzentrum meist nicht ohne weiteres möglich. Hierzu muss das zentrale Rechenzentrum zunächst vorbereitet und optimiert sowie zusätzlich auch der IT-Betrieb angepasst werden.

Klimatechnik

Die Klimatechnik sollten CIOs, Rechenzentrumsleiter und Facility-Manager als erstes betrachten. Hier lassen sich oft mit sehr einfachen Maßnahmen deutliche Verbesserungen erzielen. Zu den einfachen Sofortmaßnahmen zählen:

  • Richtiges Aufstellen der Racks, d.h. Einführung eines Warm- und Kaltgangkonzeptes
  • Abdichten von doppelten Böden an Kabeldurchlässen und zu den Racks


In einem zweiten Schritt sollten Verbesserungen durchgeführt werden, die zwar gewisse Investitionen darstellen, in ihrer Größe aber marginal im Vergleich zu den Betriebskosteneinsparungen sind:

  • Befreien der Doppelböden von Daten- oder Stromleitungen, um einen gleichmäßigen Luftstrom und Druck im Doppelboden zu erreichen
  • Kaltgangeinhausungen vornehmen, um eine Vermischung von kalter und warmer Luft zu verhindern
  • Warmluft an besonders kritischen Racks (Blade-Server, Netzwerkkomponenten und einige Storage-Einheiten) direkt abführen.


In einem dritten Schritt sollten Verbesserungen geprüft werden, die deutliche Investitionen erfordern, in der Regel aber auch deutliche Betriebskosteneinsparungen ermöglichen. In diesem Bereich sind aber in jedem Fall Wirtschaftlichkeitsanalysen im Vorfeld durchzuführen:

  • Nutzung von freier Kühlung. Insbesondere in der kühlen Jahreszeit lässt sich ein Großteil der Energie für die Klimatechnik so einsparen. Bei einer geplanten Rechenzentrumskonsolidierung sollten die durchschnittlichen Außentemperaturen bei Standortüberlegungen mit einbezogen werden
  • Nutzung von kaltem Grundwasser, kalten Gewässern, etc.
  • Nutzung von direkter Gerätekühlung, d.h. Kälte wird direkt zu den Geräten geleitet und die erwärmte Luft wieder abgesaugt. Das Rechenzentrum an sich wird nicht klimatisiert. Das ist insbesondere in Rechenzentren sinnvoll, die in eher ungünstigen Räumen untergebracht sind, z.B. Räume mit Fenstern und direkter Sonneneinstrahlung.
  • Wasser statt Luft zur Kühlung nutzen. Wasser transportiert wesentlich höhere Energiemengen pro Volumeneinheit und lässt sich wesentlich gezielter Steuern, birgt aber auch grundlegende Risiken.

Bild: Energieverbrauch in einem typischen Rechenzentrum
IT-Ausrüstung

Die IT-Ausrüstung sollten CIOs und Rechenzentrumsleiter als zweites betrachten. Einfache Sofortmaßnahmen sind in diesem Bereich eher schwierig zu identifizieren, da praktisch alle Eingriffe gewisse Investitionen, teilweise massiver interner Abstimmung bedürfen und auch einen gewissen Einfluss auf die Überlegungen im Bereich der Klimatechnik haben können. Trotzdem sollten die folgenden Bereiche untersucht werden:

  • Virtualisierung von Server und Storage Systemen mit dem Ziel, die eingesetzten Hardware Ressourcen optimal zu nutzen. Intern sind derartige Projekte kaum zu meistern, so dass externe Hilfe durch Dienstleister notwendig ist, die oft von sehr unterschiedlicher Leistungsfähigkeit sind! Andererseits wird so Platz geschaffen um in einem bestehenden Rechenzentrum andere Rechenzentren konsolidieren zu können. Gleichzeitig reduzieren virtuelle Umgebungen den Administrationsaufwand oft deutlich, so dass in vielen Fällen deutlich weniger Ressourcen für reine Admin-Aufgaben benötigt werden.
  • Bei Ersatzinvestitionen sollte der reale Energieverbrauch ein wesentliches Entscheidungskriterium darstellen. Da es nach wie vor an vergleichbaren Herstellerangaben zum Energieverbrauch mangelt, helfen nur konkrete Messungen an Testgeräten weiter.
  • Abschaltung von Alt-Systemen, die nicht oder nur minimal genutzt werden. Problematisch ist hier die interne Abstimmung und letztlich die finale Entscheidung welche Systeme abgeschaltet werden.

USV

Die USV-Geräte sollten CIOs, Rechenzentrumsleiter und ggf. auch Facility Manager als dritten Themenkomplex untersuchen. In diesem Bereich gibt es primär zwei Technologien:

  • Batterie bzw. Akkumulatoren-Puffer, die das Rechenzentrum für 10 bis 30 Minuten mit Strom versorgen. Diese Zeiten reichen in jedem Fall um Spannungsstörungen (Drops) zu überbrücken und bei tatsächlichem Ausfall der externen Stromversorgung entsprechende Notstromaggregate zu starten und langsam anzufahren.
  • Rotationslösungen, in denen genügend Rotationsenergie gespeichert ist um das Rechenzentrum 10 bis 30 Sekunden mit Strom zu versorgen und die Notstromaggregate zu starten. Aufgrund der geringen Überbrückungszeiten hat man hier ein Risiko, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind. Hier werden z.B. zusätzliche Akku-Puffer und Vorheizung der Notstromaggregate (Diesel oder Gasmotoren) eingesetzt, damit diese sofort anspringen und schnell „rundlaufen“.


Für Rotationslösungen spricht der deutlich höhere Wirkungsgrad, da praktisch nur die Reibungsverluste in den Kugellagern eine Rolle spielen. Andererseits müssen die Notstromaggregate ständig auf Temperatur gehalten werden, die Rotationsmassen sind extrem schwer und drehen relativ schnell, entsprechend massiv müssen die Fundamente sein.

Für Batterien spricht die relative lange Überbrückungszeit, die es ermöglicht, die Notstromaggregate langsam anzufahren. Andererseits ist der Wirkungsgrad schlechter als bei Rotationsmassen und die Herstellung und Entsorgung der Batterien (Lebensdauer selten über 5 Jahre) ist aus Umweltgesichtspunkten eher problematisch.

„Rotationslösungen stellen dann eine reale Lösung dar, wenn die Wärmeenergie zum Vorheizen der Notstromaggregate durch Abwärme (aus der IT oder der Produktion) bereitgestellt werden kann“, konstatiert Schwab.

Wolfgang Schwab ist als Senior Advisor bei der Experton Group tätig.

 

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