Wie wir in Zukunft arbeiten werden

In Genf diskutierten hochrangige Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Erziehung im Rahmen des hundertjährigen Jubiläums der Internationalen Organisation für Arbeit (ILO) über die Zukunft der Arbeit. Was es mit Liquid Workforce auf sich hat und warum Diplome ein Auslaufdatum haben sollten, erfährst Du hier.

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der ILO (International Organisation of Labour, Teil der UN) läuft aktuell eine Veranstaltungsreihe rund um den Globus. Ich hatte Gelegenheit, in Genf an einer Paneldiskussion mit diversen namhaften, teils globalen Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Akademia teil zu nehmen. Das Thema: Eine Zukunft (der Arbeit) gestalten, die wirklich funktioniert.

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Richard Baldwin, Professor für Internationale Wirtschat an dem Graduate Institut, leitete die Veranstaltung mit einem kurzen Abriss über die Entwicklung und Veränderung von Arbeit und Wirtschaft ein.

 Diskussion: »Wie wir in Zukunft arbeiten«.Diskussion: »Wie wir in Zukunft arbeiten«.

Projektorientierte Unternehmensformen und Liquid Workforce statt Old School

Er konstatierte, was noch längst nicht alle verstanden haben: Das »Old School« nämlich nicht mehr funktioniert. Kunden haben heute viel mehr Flexibilität, sich ihre Lieferanten von was auch immer zu suchen oder zu wechseln – sprich, Kunden zu halten, wird immer schwieriger. Unternehmen müssen immer schneller und anpassungsfähiger werden und Innovation und Anpassungsfähigkeit gewinnen eine größere Priorität als Kostenoptimierung. Produkte schnell und effizient auf den Markt zu bringen ist relevanter als Prozesse zu verschlanken.

All das hat aus seiner Sicht maßgebliche Auswirkungen auf Organisationsformen und den Einzelnen im Unternehmen. Strenge oder statische Hierarchien, Langzeitarbeitsverträge und feste Arbeitsplätze sowie eingefahrene Prozesse werden seiner Meinung nach agilen Strukturen, flacheren Hierarchien und projekt-orientierten Organisationsstrukturen weichen.

Mehr und mehr Menschen werden remote oder auf Basis von Zeitverträgen arbeiten, und generell wird die Arbeitssituation generell deutlich prekärer werden. Das Beratungshaus Accenture hat dem Ganzen gar einen Namen gegeben: Liquid Workforce.

Ganz offensichtlich nannte er den Hauptgrund für diese Trends: Die zunehmende Digitalisierung und Technologieentwicklung, die dazu führt, dass sich nicht nur Kommunikation und Konsumentenverhalten komplett verändert hat, sondern auch dazu, dass diverse Arbeit heute überall ausgeführt werden kann – und oft billiger als in den traditionell starken Märkten wie USA oder Europa. Was unweigerlich dazu führen wird, dass sich Menschen in diesen Märkten auf deutliche Veränderungen einstellen müssen – die Jobsicherheit und die Einkommensmöglichkeiten drohen sich deutlich zu verändern.

60 Prozent der globalen Workforce wird von der Digitalisierung betroffen, so Guy Ryder, Director General der ILO, sicher nichts Neues für alle in der IT-Branche! Ebenso stellte er klar, dass die ganzen Trends, die wir heute sehen, in unserer Verantwortung liegen, sprich: Wir Menschen haben es angestoßen und kreiert – und sind nicht einfach nur einer unausweichlichen Situation ausgesetzt, sondern können es daher in diversen Bereichen steuern.

Soft Skills sind gar nicht soft & lebenslanges Lernen

»Soft Skills sind nicht soft, sondern fundamental, um in Zukunft erfolgreich in der Arbeitswelt zu sein«, so einer der Panelteilnehmer, »diese werden nach wie vor deutlich unterschätzt in vielen Unternehmen«.

Vertrauen und Kollaboration, zwischen Menschen, Organisationen und über Grenzen hinweg werden an Relevanz zunehmen – Silodenken führt in Sackgassen.

Laut Amandeep Singh Gill, Executive Director, Secretariat of the High-Level Panel on Digital Cooperation (UN) sind Diplome deutlich überbewertet und sollten sogar ein »Ablaufdatum« haben. Die bessere Variante für Menschen in der Ausbildung sei, zu lernen, wie sie fortlaufend Lernpläne für ihren weiteren Weg definieren und implementieren können: Lebenslanges Lernen.

Hört sich vielleicht anstrengend an – ich habe allerdings festgestellt, dass Lernen unglaublich Spaß macht, wenn wir es in den Bereichen tun, die uns liegen. Daher ist es immer relevanter, in Jobs zu arbeiten, die uns wirklich entsprechen und in denen wir uns einbringen und lernen wollen (und nicht müssen).

Fazit: Vieles noch verklausulierte Theorie

Unsere Arbeitswelt verändert sich rasant schnell und es braucht neue Wege für den Einzelnen und Organisationen (sowie Regierungen und Ausbildungsstätten) damit umzugehen. »Wie« das allerdings genau geht, wurde in der hochkarätigen Runde eher nicht erläutert. Wie so oft auf diesem Level, wurden manche Aussagen so verschachtelt und verkompliziert, dass »Otto Normalbürger« echte Schwierigkeiten gehabt hätte, dem Inhalt zu folgen – ich gehörte an der ein oder anderen Stelle auch dazu! Trotzdem schön zu sehen, dass selbst die Theoretiker, die den aktuellen Veränderungen nur zum Teil oder gar nicht ausgesetzt sind, durchaus ein klares Bild von den Trends und Auswirkungen haben. Welchen Wert diese Unterhaltungen auf globaler Ebene für den Einzelnen haben, lasse ich mal dahingestellt. Governance und Regulierungen im Arbeitsumfeld sind wichtig. Davon können wir uns allerdings nicht abhängig machen oder darauf warten.

Was diese Trends für uns ganz persönlich bedeuten und wie wir damit umgehen können, dazu nächste Woche mehr.

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