LTO-9: Das neue Flaggschiff landet Ende des Jahres

Für die nächste LTO-Generation wurden erst im Herbst 2020 die Spezifikationen final festgelegt, und damit die Roadmap wieder einmal nach unten korrigiert. Begründet wurde dies vom Hersteller-Konsortium mit einer schnelleren Marktreife von LTO-9. Allerdings werden sich die Anwender auf absehbare Zeit noch mit dem Vorgänger der achten Generation begnügen müssen.

Die großen Hyperscaler und Public-Clouds mit ihren riesigen Storage-Farmen sind heute die größten Abnehmer von Tape als Kapazitätsspeicher. Bänder sind aber auch in herkömmlichen Rechenzentren das kostengünstigste Medium pro TByte und die letzte Verteidigungslinie gegen Gefahren wie Cyberkriminalität. Selbst Unternehmen, die bereits vollständig zur Disk gewechselten waren, kehren zum Tape zurück als »Cold Data«-Online-Speicherklasse, Offline-Backup und Archivierungsmedium.

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LTO-9 mit einer Kapazität von 18 TByte wird für Mitte/Ende 2021 erwartet (Quelle: lto.org).LTO-9 mit einer Kapazität von 18 TByte wird für Mitte/Ende 2021 erwartet (Quelle: lto.org).

Der aktuelle Bandstandard LTO-8 ist seit Oktober 2017 auf dem Markt. Gegenüber der Vorgänger-Generation hatte sich die unkomprimierte Speicherkapazität von sechs auf zwölf TByte verdoppelt. In Aussicht steht mit LTO-9 jetzt nicht mehr die traditionelle und angestrebte Verdoppelung, sondern 18 TByte pro Tape. Die Performance-Historie sieht derzeit 300 MByte/s (LTO-7), 360 MByte/s (LTO-8) und 400 MByte/s (LTO-9) vor. Diese Angaben basieren auf unkom- primierten Daten, ungeachtet der inzwischen üblicherweise eingerechneten 2,5:1-Komprimierung.

LTO-9: Flaggschiff (noch nicht) am Horizont

Für die nächste LTO-Generation wurden erst im Herbst 2020 die Spezifikationen final festgelegt, und damit die Roadmap wieder einmal nach unten korrigiert. Begründet wurde dies vom Hersteller-Konsortium mit einer schnelleren Marktreife von LTO-9. Allerdings werden sich die Anwender auf absehbare Zeit noch mit dem Vorgänger der achten Generation begnügen müssen. Historie sieht derzeit 300 MByte/s (LTO-7), 360 MByte/s (LTO-8) und 400 MByte/s (LTO9) vor. Diese Angaben basieren auf unkomprimierten Daten, ungeachtet der inzwischen üblicherweise eingerechneten 2,5:1-Komprimierung.

2015, 2017…2021?

Die letzten Generationen kommen für die Massenfertigung dabei eher entschleunigt auf den Markt: 2015, 2017 und im besten Fall 2021. Der letzte relevante LTO-Entwickler IBM präsentierte im Labor auch Tapes mit 580 TByte pro Cartridge und geht nach wie vor davon aus, dass die Tape-Kapazität wie in der Vergangenheit um rund 34 Prozent jährlich gesteigert werden kann. Dies entspräche dem allgemeinen Datenwachstum. Diese Art Monster-Tape wird jedoch erst in acht bis zehn Jahren Produktreife erlangen. Tape-Entwicklung und -Herstellung biete zudem annähernd konstante Produktionskosten und damit entsprechend sinkende Preise pro TByte. Die Disk-Entwicklung dagegen sei dazu weder kapazitiv noch im Preis-/Leistungsverhältnis in der Lage, weil geringere Fortschritte dort in immer teurere Technologie-Kosten münden würden. Ob diese Kapazitäts-/Zeit-Kalkulation so aufrechterhalten werden kann, wird sich in Zukunft erst zeigen.

Wir hörten von manchen Anbietern, dass LTO-9 Mitte/Ende des Jahres in größeren Stückzahlen erwartet werde. Die Markteinführung plante Fujifilm für den Sommer 2021. Quantum hatte bereits Ende 2020 offiziell verlautbart, dass Bestellungen für Automation-Produkte aufgenommen würden. Vermutlich etwas voreilig: In der neunten Version sind LTO-Laufwerke und -Bänder bis heute nicht verfügbar.

Webscale- und Hyperscale-Archive befördern den Tape-Absatz

Aber Tape-Automation ist seit etwa 2018 nicht mehr das einzige Geschäft rund um das Magnet-Band. Bruno Hald, Vice President und General Manager Secondary Storage bei Quantum und damit verantwortlich für die »Everlasting Archive«-Strategie des Unternehmens, betont auf Nachfrage von speicherguide.de auch, dass sich Tape als »Cold Storage«-Medium in der Public Cloud, bei Hyperscalern und Webscale-Architekturen etabliert hat. Das Wachstum von unstrukturierten Daten ist dabei ein entscheidendes Kriterium. Mehr als 25 EByte an LTO-Tape-Medien, etwa ein Drittel des Absatzes heute, würden inzwischen an Hyperscaler ausgeliefert. Bis 2023 dürfte der Anteil bei 50 Prozent sein, so die Prognosen.

»Tape ist immer noch der King unter den kostengünstigen, haltbaren Langzeit-Speichermedien«, kommentiert dazu Hald. Gerüchten zufolge ist allerdings IBM der einzige Hersteller, der die Entwicklung von LTO im Konsortium aus IBM, HPE und Quantum technisch tatsächlich vorantreibt. Insbesondere aus Eigeninteresse: Weiterentwicklungen der IBM Enterprise-Tapes (TS-Serie) erreichen dann irgendwann die Midrange-LTO-Technologie. Auf Nachfrage möchte Quantum dies aber nicht kommentieren. Man sei aktiv an der Weiterentwicklung beteiligt.

Bei LTO-9 gab es gewisse Herausforderungen mit der Speicherdichte, zumal das Medium zehn bis 20 Jahre haltbar sein soll. Quantum spricht von intensiven Bemühungen diese Spezifikationen zu erfüllen zu können. Laut Hald sei man auf einem guten Weg: »LTO-9 sollte Ende des Jahres kommen.«

Zugunsten der Zuverlässigkeit der Gen-9-Bänder wurde in der Roadmap die Kapazität de facto nach unten reguliert. Die Begründung war eigentlich, dass das Produkt damit schneller verfügbar würde und die immense Nachfrage stillen könne.

LTO-9: Stabiler Fortschritt, wenig Neuerungen

Bis dahin bleibt die Version 8 das Flaggschiff der Flotte, also 30 TByte und 750 MByte/s mit besagter 2,5:1-Kompression. LTO-8 unterstützt SDLC-Datenkomprimierung, Hardware-Verschlüsselung (AES-256-Bit), 8-Gbit-FC- und 6-Gbit-SAS-Schnittstellen, Datenpartitionierung sowie WORM-Funktionen (Write-Once Read-Many). Auch LTFS (Linear Tape Filesystem) ist möglich. Damit lassen sich die Tapes wie ein Block-Device ansprechen und in hierarchisierte Umgebungen mit kalten und warmen Daten integrieren.

LTO-9 wird all diese Leistungsmerkmale auch mitbringen. An technischen Neuerungen sind darüber hinaus keine Wunder zu erwarten. Laut Spezifikationen sollen LTO9-Laufwerke standardmäßig mit dualen 12-Gbit/s-SAS-Schnittstellen (zuvor 6 Gbit/s) ausgestattet werden. Allerdings wurde offenbar an der Robustheit gegen Lesefehler gearbeitet, die Tapes häufiger nachgesagt wird. Die URE-Rate (Unrecoverable Read Errors) der neuen Generation soll von 10^19 auf 10^20 exponentiell verbessert worden sein.

Kosten- und Entscheidungsfaktor Rückwärtskompatibilität

Beide Versionen sind jeweils nur eine Generation rückwärtskompatibel. Für Nutzer bedeutet dies, dass gegebenenfalls große Datenmengen migriert werden müssen. Ältere Archiv-Tapes benötigen ein funktionierendes Laufwerk. In einer TCO-Kalkulation für den Mittelstand schlägt das durchaus zu Buche.

Unbestritten bleibt Tape aber das kostengünstigste Speicher-Medium am Markt. Interne LTO-8-Streamer finden wir im Handel ab etwa 2.750 Euro und 80 Euro pro Einzel-Band netto. Nach dieser einfachen Rechnung (ohne Support, Automation, Software, Energie und andere Parameter) liegen die Kosten dann bei 2,60 Euro pro TByte – noch bevor die neunte Generation da ist.

Mittelständler wie Hyperscaler, der Zeitpunkt eines Ein-, Um- oder Rückeinstiegs in das Tape-Backup mit LTO mag gut kalkuliert sein. Konstant bleibt, dass die LTO-Roadmap weiterhin bis zur Generation 12 reicht. Die suchenden Blicke an den Horizont werden sich also wiederholen.

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